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Der Chaßidismus : eine kulturgeschichtliche Studie / von Verus
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zu machen. Der, sagte er, wird ein großer Mann. Ich habe zwei seiner 4 Söhne gekannt. R. Josua, seinen Nachfolger, und den älteren sehr hochgewachsenen R. Moses, der ihm sehr ähnlich sein sollte. Man findet einen derartigen Typus vielleicht noch bei den Inden im Innern Arabiens. Es war, als ob R. Scholem Sar Ebi (Ebi, Ortschaft in Jemen) nach Polen versetzt worden wäre (starb in

Jerusalem 1764).

R. Israel war der Vollmond in seinem Glanze, R. Scholem der Halbmond, dessen silbernes Licht den Nachtschatten der Erde dem Auge vvrführt. Er war ein Urenkel des berühmten Amsterdamer Rabbiners R. Elazar Rokeach ans Brody,

gestorben in Jerusalem um 1752, dessen Anblick die Amsterdamer, wie bereits erwähnt, in solchen Enthusiasmus versetzt hatte. Zum Lehrer hatte er den Famulus des großen R. Dowber Meseritzscher R. Salomo von Sokal, Verfasser des Oikiml Lnioino,

in welchem Werke er in U. zn I 39, 8 zu Io jnän 111 den geistreichen

Versuch der Lösung des Widerspruches zwischen llecilnii und Loollirgü giebt. Derselbe hat auch die Aphorismen seines Lehrers gesammelt herausgegeben und in seiner Druckerei in Korretz die Alten und namentlich auch den Ivlnoll des R. Mose CH. Luzzato der Vergessenheit entrissen. Wegen einer Beleidigung, die er dem

R. Mordchai von Neschchus zngefügt hatte, sagte ihm R. Dowber, er wäre degradirt und zum Führer der Massen untauglich geworden. Dagegen würde er einen Schüler haben, der ihn für eine Legion Anhänger entschädigen werde. Dieser Schüler war R. Scholem, der, durch die tadellose Heiligkeit seines Lebenswandels, verbunden mit einer außerordentlichen rabbinischen Gelehrsamkeit, die letzten Unversöhnlichen im Lager der frommen Orthodoxen entwaffnete und zur Unterordnung zwang. Er war auch Schüler des Kozinitzer Magids, des zweiten Balschemtow, dessen Stellung als echter Wunderrabbi er von demselben übernahm.

Als Spezialist für die Heilung der hartnäckigsten und von den Aerzten als unheilbar aufgegebenen grauenhaften Nervenkrankheiten und Lähmungen, war seine Thätigkeit durch Tausende von Thatsachen nicht nur in jüdischen Kreisen, sondern auch bei Nichtjuden, Adel und Bauern, eine so feststehende Thatsache, daß Rektoren der Universität sich damit beschäftigten und einige Jahrzehnte später dieselbe vom Standpunkte der modernen Psychiatrie, die unter uneingestandenem spiritistischen Ein­flüsse steht, leidlich zu erklären suchten.

Der Parallelismus auch ans diesem Gebiete ist schon vor Jahrtausenden konstatirt worden. So sagt der syrische Feldherr Naaman in seinem Zorne

(2. Kön. 5, 11):Ich dachte, er wird zn mir heranskommen-und seine

Hand gegen die kranke Stelle schwingen." Ebenso ist auch sestgestellt, daß dieser Parallelismus die Identität ansschließt. Es handelt sich hier um das dunkelste und schwierigste Gebiet des dunkelsten Seelenkontinents, dessen hochmüthige Jgnorirung seitens der albernen scholastischen Aufklärerei nicht mehr Beachtung verdient, als die Kaffeehausweisheit des Philisters. Die Unbeliebtheit des Themas auch in den Kreisen der Chaßidim kann daran nichts ändern, denn wie kein Licht ohne Schatten, so kein Leben ohne Krankheit und Tod. Das dunkelste Kapitel dabei sind die sogenannten Oidnioiri, mit denen sich, wie Flavins Josephns ausführlich genug berichtet, während des zweiten Tempels die jüdischen Weisen vor den Augen römischer Kaiser beschäftigten. Dasselbe meldet der Talmud Me'ilah 17 von

R. Simeon den Jochai und der Kaiserstochter durch Ben Tamelion, den Rassist durch die unerklärte BenennungNewton" kommentirt. Erst als sich die heidnisch- alexandrinischen Sekten dieser Praxis bemächtigt hatten, wurde das Thema, als aus götzendienerische Abwege leitend, von der talmudischen Tagesordnung abgesetzt. Ganz in demselben Sinne will es die Thora angesichts des in Aegypten herrschenden Spiritismus mit grausigem Todtenknltns aus der Volksseele verbannt wissen. Doch