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Amsterdam). Eine dritte, mit psychologisch höchst interessanten Einzelheiten behandelt das speziell darüber erschienene Merkchen Kuaeii Okuim, Nikolsburg 1795, zur Zeit des Rabbiners Gerson Chajes, wo als Zeuge kein Minderer als R. Mordechai Banet, damals noch junger Assessor figurirt, angesichts einer durch den ganzen Monat Tischri fortgesetzten Beobachtung durch die ganzen Tag und Nacht versammelte Gemeinde. Dort spricht der Mörder eines gewissen Leib Neuhans ans Stockerau, und merkwürdiger Weise ist etwa 13 Jahre srüher der Fall dieser Mordthat in Xociu bijsllucla Resp. 34 behufs Ehedispenses einer ^pxrmgli behandelt.
Die objektive Schilderung der Tag- und Nacht-Seiten des Chaßidismus erfordert, daß die öffentliche Behandlung einer solchen Affaire vor tausendköpfiger Menge, darunter mir persönlich bekannte, ehrenwerthe und tüchtige Männer mit- getheilt werden. Ich will jedoch die Nerven des Lesers nicht allzu sehr in Anspruch nehmen.
Ziel und Erfolg derselben ist die Einsenkung einer Ueberzeugung in das Herz, des verstocktesten Materialisten, daß der anarchistischen Freiheit der Handlung im thierischen Leben eine strenge Abrechnung gegenüber steht, daß der Sieg der Gemeinheit, Rohheit und Grausamkeit nur ein kurzer Rausch ist, dem ein grauenhaftes Erwachen folgt.
Andererseits genügt die bloße Annäherung an einen Mann von lauterstem Adel der Seele und des Körpers, um die höchsten paradiesischen Genüsse des Seelenlebens den Sinnen begreiflich machen zu können. R. Scholem starb am 27. Elul 1856, umstanden von zahlreichen Anhängern, mit derselben Seelenhoheit und Andacht, die sein Leben auszeichneten.
R. Meir Przemyslaner. R. Saul Landau.
(1787—1858) (1780—1854)
R. Meir war einer der merkwürdigsten Männer unter der ganzen großen Gruppe der „guten Juden" seiner Zeit. Er war, wie R. Israel treffend bemerkte, das Aushängeschild, nach welchem der ganze Laden bemessen werden konnte. Andere haben es später benutzt, um damit Renommo zu machen, auch wenn sie keine Waare hatten. Bei jedem anderen Volke, oder etwa im Völkerconglomerat Amerikas würde der Mann einen nach Millionen zählenden Anhang haben. Der Jude ist viel zu selbstständig und an das ml wlmilmri gewöhnt, um. bei aller Anerkennung sich nicht durch Anziehungskraft aus der durch das Beharrungsgesetz festgehaltenen Gleichgültigkeit bringen zu lassen.
Wir haben bereits früher die tiefsinnige Erklärung eines der Schüler dieses R. Meir mitgetheilt, inwieweit bei der göttlichen Mission des Propheten Jeremia sein individueller Charakter eine Rolle spielt. Fast ein Jahrtausend später finden wir in der Nacht des Exils unter de« Amoräern einen Namensvetter R. Jeremia in ganz ähnlicher Ausnahmsstellung zu seinen Zeitgenossen, der aber den furchtbaren Ernst in Beurteilung der Zeitverhältnisse durch einen eigenthümlichen Humor niildert. Wenn wir in unseren kleinlichen Verhältnissen dreizehn Jahrhunderte später derartige Analogien aus der grauen Vorzeit heranziehen, so berufen wir uns auf den im Lollebot -Islluäu citirten Ausspruch des weisen Königs Alfonso von Spanien, der das jüdische Volk mit einem uralten Baume vergleicht, dessen durch Jahrtausende verborgene Wurzeln im Alter, das Erdreich durchbrechend, zum Vorschein kommen. So sagt der Talmud: Es gibt keine Generation, in der die Wiederholung der
Individualitäten der Erzväter in gewissem Grade ausgeschlossen wäre. Und R. Meir Apter sagt im Or In8e1wmastm zu dem Verse 1, 29, 1: „lind Jakob hob seine Füße und ging in das Morgenland": Xaäein heißt Osten und Vorzeit,