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Der Chaßidismus : eine kulturgeschichtliche Studie / von Verus
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Einmal besuchte er auf der Reise nach Dukla zu seiner Tochter den R. Hirsch in Rymanow. Es ist ein Brief von R. Abraham Josua Heschel an ihn da, worin ihm letzterer schreibt:als ich in Eurem heiligen Lager war." Er war als Nachkomme des großen R. R. Heschel von Krakau (gest. 1664), nach dessen Sohn Saul er den Namen führte, sein Verwandter. Als sein Schüler R. Meir Apter bei einem Aufenthalte in Krakau ihn besuchte, fragte ihn R. Saul, ob er sich der Thora erinnere, die sein Lehrer R. Heschel damals beim Besuche gesprochen habe.Ich gehe mit dieser Thora seit jenem Tage." Seine Größe als Gelehrter ist durch den Umstand bezeugt, daß der größte Decisor seiner Zeit, R. Moses Sofer, Resp. I, 17, einer Neuerung, die R. Saul gegen die Ansicht des Schulchan Aruch und der Weltautorität des Remn, ausgesprochen hatte, seine Zustimmung nur aus dem Grunde nicht versagte, weil NUN N22 eine Autorität, wie R. Saul, bereits so entschieden hätte. Seine Askese war so außergewöhnlich, daß man von ihm sagte, man hätte Aehnliches seit 400 Jahren nicht berichtet. Man sah ihn niemals essen. Eine gebratene Kartoffel und ein bischen schwarzer Kaffee war seine einzige Nahrung. Seit ich zu Verstände gekommen bin, sagte er, habe ich nie mehr als zwei Stunden in 24 Stunden geschlafen. Der Schlaf selbst war ein halbwaches Träumen in Gebeten und Psalmen. Dabei war er in seiner Jugend Kaufmann, hatte Vermögen erworben und war körperlich von gesunder Konstitution, so daß er am Simchas Thora mit 2 Thorarollen, eine in jeder Hand, den Almemor wie ein Vogel umflog. Seine hehre, besonders ehrfurchtgebietende Erscheinung zog die Aufmerksamkeit des jugendlichen Kaisers von Oesterreich bei seiner ersten Reise kurz nach seinem Re­gierungsantritte auf sich.

Außer seiner talmudischen Gelehrsamkeit war er Kabbalist ersten Ranges und Seher, der aus seinen höheren Befähigungen kein Hehl machte und offen von seinem Seelenverkehr sprach. Dadurch zog er sich aber die Gegnerschaft der Chaßidim zu, die sich dadurch verletzt fühlten, daß er von einem verstorbenen, angesehenen Manne erzählte, er hätte von ihm verlangt, für sein Seelenheil zu beten. Sie »ahmen daher

in seinem Streite um das Krakauer Rabbinat mit dem damaligen Bankier R. Bensch

Maysels gegen ihn Partei. Namentlich waren es die Anhänger des damals noch jugendlichen'R. Chaim Halberstamm von Sandetz, die sich durch syhr respektloses Benehmen hervorthaten. Da nun gleichzeitig eine Streitfrage wegen eines Heiraths- dispenses für eine Wittwe auftauchte, die mit einem Säugling zurückgeblieben war, wobei sich R. Saul an das sehr strenge Verbot des Talmud hielt, welcher das

Eingehen einer neuen Ehe verbietet, bevor das Kind 2 Jahre alt ist, und R. Ehaim

sich einem Gelehrten anschloß, der dennoch den Dispens crtheilen wollte, so sah er sich veranlaßt, den Zorn des R. Sank Landau durch einen persönlichen Besuch zu besänftigen. Sehr verläßliche Augenzeugen berichten über dieses Gespräch. Zuerst wies ihm R. Saul, der die seltensten Responsen im Gedächtnis; hatte, aus diesen die Unhaltbarkeit der gegnerischen Ansicht nach, was R. Chaim zugestand. Dann hielt er ihm die Schmähungen vor, die seine Chaßidim ausgestoßen Hütten. R. Chaim suchte das Gespräch auf ein anderes Thema zu leiten. Er kam gerade von Budapest und erzählte ihm von den Verheerungen, welche die Reform in Ungarn und Deutschland anrichtete.Glaubt mir, Sandetzer Raw," erwiderte er,daß ich das kenne. Denn wenn ich aus meiner Stube trete, sehe ich die Verhältnisse durch, und wäre die Welt noch einmal so groß. Uebrigens giebt es dort noch Juden genug, deren innere Anhänglichkeit an die Religion ihrer Väter gegen die Macht der Verhältnisse kämpft, ohne sie besiegen zu können," wovon er ihm ein Beispiel aus seinen Erfahrungen mittheilte. Daun beklagte sich R. Chaim über ein hartnäckiges Fieber, worauf R. Saul sich mit ihm in ein Gespräch über die Ansichten des Eknjiiw über die Ursachen dieser Krankheitserscheinungen cinlassen wollte.Ich habe aber gesehen,"