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Tode R. Mendels den Ernsten und Eingeweihten der Schiffbruch des Systems kein Hehl mehr war, fchaarten sie sich um ihn mit dem nach vielen Tausenden zahlenden Gros der Anhänger. Durch 7 Jahre segensreicher Wirksamkeit suchte er die eingerissene Unordnung, das Spielen und Trinken, die Vernachlässigung jedes Ceremonic'lls und des Gebetes, die Verhöhnung jeder alten chaßidischen Autorität, so gut es ging, zu beheben und eine gemeinsame Frömmigkeit wieder einzusühren. Man fing wieder an, Sohar zu lernen, obwohl die lange Vernachlässigung der einschlägigen Literatur dazu paßte, wie die Faust aufs Auge. Ich hatte durch Jahre Gelegenheit, die Leute zu studieren und so manche komische Käuze, die als luininn galten, gründlich zu analysiren.
Da war so ein alter Konföderat, Fawisch K. aus B., der den Heldenmuth bewiesen hatte, aller Frömmigkeit zum Trotz, am Bußtage des Jomkippur Karten zu spielen, um das Feuer der Heiligkeit, die er im Bauche trug, gründlich vor dem profanen Auge zu verdecken. Freitag Abend bei Tische erzählte er von seiner Aufnahme in Lowicz, wie die jungen Leute Festlichkeiten für ihn gemacht hätten, wobei sein Nimbus bald bei mir ins Wackeln kam. Dann kam beim Fisch die Rede ans den Leviathan. Es ging ihm nicht in den Kopf, woher in: Paradiese die Fische kämen. Ich sagte ihm: Ist denn das buchstäblich gemeint? Der Sohar in ?. >Vnjorn bekämpft diese materialistische Auslegung der Agada ja doch in den strengsten Ausdrücken. — Das kann nicht sein, sagte er, es giebt ja dort nach dem Sohar auch Aepfel. — Was für Aepfel?, fragte ich. — Nun, Oiwllnl tupuekirl KaäwoUm.
— Da soll euch, dachte ich mir, mit eurer unendlichen Arroganz der Kuckuck holen!
— Da für ihn der Sohar spanisch war, glaubte ich, Maimonides würde ihm imponiren, und berief mich auf dessen gleichlautendes Urtheil in lUIallot leseUuds,. Er hatte es nie gesehen und bestritt meine Angabe, so daß ich erst den Folianten herunterholen mußte. Was antwortete nun das bemooste Haupt? Nu, der Unmiwm ist doch gewesen ein Proster Mensch (d. h. einer, der nichts verstanden hat).
Man kann sich vorstellen, welche Arbeit R. Isaak Meir vorfand, um in diesem Augiasstall auszuräumen. Ich war Zeuge der Verblüffung, die seine Erzählungen von seinen Erlebnissen beim Koziniecer Maggid in den Angen seiner fanatischsten Anhänger hervorbrachten. Und nun gar seine Verehrung für den von ihren Führern so gering geschätzten Sohn desselben, dessen Buch Lewr iXlcwelwll bis zu seinem Todestage nicht von seinem Tische herunterkam. Er hatte 12 Kinder bei seinen Lebzeiten verloren und schickte wiederholt auf das Grab dieses N. Mose Eljakim Briah, um ihn um Verzeihung zu bitten. Noch an seinem Todestage, 23. Adar 1866, sagte er: R. Moscheh ist noch heute böse auf mich, weil ich ihn verlassen habe. — Er war ein intimer Freund meines seligen Lehrers R. Salomo Rabinowitz von Radomsk, der, erschüttert von der Nachricht seines Hinscheidens, ihm in derselben Woche am 29. Adar ins Jenseits folgte.
Um das Maß dieser psychologischen Räthsel voll zu machen, gab cs in dieser Vereinigung noch einen hervorragenden Mann, R. Löbel Eiger in Lublin, Enkel des berühmten R. Akiba Eiger, der einer der eifrigsten Anhänger des Chaßidismus geworden war und durch seine excentrische Jgnonrung der Zeitein- theilung Aufsehen erregte. Seine Vorbereitungen zum Gebete dauerten so lange, daß er mit dem Morgengebete des Sabbath bis in die Nacht hinein verbrachte und dann erst zu Tische ging, eine Excentricität, au deren Erklärung verzweifelt werden muß. Dabei hatte er wirkliche Sehergaben. So sagte er am Erew Jomkippur des Jahres 6626 (1865) zu dem Verse: ND2> MN >2 u. s. w. betragen Anfangs
und Endbuchstaben '"2 und u. s. w. 5626. Dieses Jahr erfordert für die