einem Schüler — Du. bist nicht so groß! Diese Schwankungen eines von Hans aus zwischen Extremen pendelnden 'Geistes wurden durch Zeit und Ort seiner Wirksamkeit in Permanenz erklärt.
Die seit 1815 eingetretene Reaktion hatte den von Wolhynien bis an die deutsche Grenze vordrängenden Chaßidismns zurückgeworfen und in Unordnung gebracht. R. Naftali war einer von denen, die zur alten Ordnung zurückzukehren bereit waren. Dem jungen R. Josef Babad, der sich ihm anschließen wollte, empfahl er, an den Studirtisch zurückzukehren und ein tüchtiger Lamden zu werden. Derselbe hat als Verfasser des Mirellnl Oßinuaii auch einen Weltruf als Gelehrter erworben. Ebenso schickte R. Mendel Kotzker den jungen R. Josua, späteren berühmten Rabbiner von Kutno, nach Hause. Gesunde Köpfe mit gehörigem Sitzfleiß, die weder Lehrer noch Führer brauchten, sollten ihrem Berufe als Gelehrte ersten Ranges keinen Augenblick entzogen werden und die Zeit weder mit Philosophiren noch mit Gefühlsemotionen vertrödeln. Ein wirklicher und Koryphäe von Fach kann nur derjenige werden, der dem Studium ununterbrochen Tag und Nacht widmet. Darum brachte es R. Isaak Meir Warschauer so weit, weil er sich bis zu seinem 62. Lebensjahre mit Niemandem außer beim. Studium abgab. Der beste Kopf, der genialste Scharfsinn bringt es ohne diese Beständigkeit zu nichts und bleibt hinter dem mittelmäßigen Kopfe mit Sitzfleiß weit zurück. Unter den Ropczycer Chaßidim gab es viele sehr bedeutende Gelehrte, die den jungen R. Chaim trotz seines sprudelnden Scharfsinnes nicht ernst nahmen. Es giebt ein halachisches Werk Lern lltLelluß, gedruckt i. I. 1873 mit Approbation des R. Chaim, in Welcher er die Größe des Verfassers rühmt. Dieser Gelehrte hieß R. Abraham von Ulauow, war ein Enkel des berühmten R. Isaak Charis, des scharfsinnigsten Schülers des R. Jonatan Eibenschütz. An ihn wandte sich der jugendliche R. Chaim mit seinen Fragen wegen eines Erbschaftsprozesses. Die Antwort ist ziemlich streng gehalten und behandelt den später so viel gerühmten Mann keineswegs als hervorragendes Unikum, wirft ihm Ungenauigkeiten vor, weist ihm Jrrthümer nach, ebenso in einem Streite mit einem Schvchet über eine Lungenaffektion, die zu Gunsten des Letzteren entscheidet. Nicht besser erging es ihm mit seinem Jugendfreunde R. Scholem Kaminker, dessen beispiellose Gedächtuißschürfe und Scharfsinn berühmt waren. Dieser Choßid mit Leib und Seele wollte bei aller Bescheidenheit ihm keine Ebenbürtigkeit zugesteheu. Zu jener Zeit, wo auf dem Boden des alten Polen au Köpfen ersten Ranges noch immer kein Mangel war, fiel es überhaupt schwer, durch scharfsinnigen Pilpul zu imponiren.
Nicht besser erging es ihm in der Kreisen der Kabbalisten. Die Schule des berühmten R. Hirsth Zydaczower, der er sich durch einige Jahre bis zu dessen Ableben (1831) anschloß, hatte in den eigentlichen Kreisen des Chaßidismns wegen ihrer schwärmerischen Anlagen wenig Anklang. Dieselbe bekämpfte die streng philosophische Richtung der Chabad im fernen Weißrußland. R. Chaim, der von Haus aus an den iUvrs biebueiUnr gewöhnt war, obwohl ihm die nöthigen hellenistischen und scholastischen Vorkenntnisse ebenso fremd als verhaßt waren, neigte demgemäß dem System der Chabad zu, ohne sich jedoch ernstlich damit zu beschäftigen. Sehr bedeutende, selbständige Männer, die weder auf die eine, noch die andere Schule angewiesen waren, wie R. Saul Landau und mein seliger Lehrer, sprachen ihm daher ein über Dilettantismus hinansgeheudcs wahres Ver'ständniß dieser schwierigen Disziplin ab. Der Vorzug des Chaßidismns, gegen die Büchergelehrsamkeit der Klaus, der lebendige Einfluß hervorragender Persönlichkeiten barg zugleich den Nachtheil in sich, daß er immer nur ans zwei Äugen gestellt war. Der unausbleibliche Wechsel der Persönlichkeiten hatte dann immer für die Unselbständigen unersetzliche Verluste und Verwirrung im Gefolge. Es war eine Zeit wilder Gährnug, nachdem der