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als Lohn des Sieges; nicht der Schwache, der den Kampf fürchtet, nicht der Zaghafte, der hinter dem Friedensruf ſeine Feigheit und feinen Kleinmuth verbirgt.„Wer auf jeden Wind lauſcht“, ſagt der weiſe Salomo,„wird nicht ſäen, und wer in die Wolken ſieht, wird nicht ernten.“(Koheleth 11, 4.) Unſer redliches und muthiges Kämpfen für beſſere und heilſamere Geſtaltung unſerer religiöſen Verhältniſſe iſt eine reiche Ausſaat, die wir dem Schooße der Zukunft anvertrauen. Sie wird gedeihen und eine reiche Ernte des Friedens tragen. Dann werden wir das gelobte Land des Friedens ſchauen. Dann werden wir als redliche Kampfgenoſſen die Segnungen des Friedens redlich theilen.
Und der geiſtliche Führer, wie ſoll der dem Murren und der Unzufriedenheit ſeiner Gemeinden gegenüber ſich benehmen? Verſchieden, mannigfach verſchieden ſind die Anforderungen, die von verſchiedenen Seiten an ihn gerichtet werden. Von der einen Seite wird verlangt, er ſolle das Ueberkommene nach Form und Inhalt zu erhalten ſuchen. Die Zeit und ihre Bedürfniſſe ſollen für ihn nicht vorhanden ſein. In dem Kreiſe ſeiner Wirkſamkeit ſoll das Ueberkommene ohne Prüfung und ohne Unterſcheidung maßgebend ſein. Kurz, er ſoll mit ſeiner Gemeinde in derjenigen Stellung verharren, in welcher er ſie vorgefunden. Das Beſtehende aufrecht zu erhalten, dazu iſt er berufen. Aber wozu, möchte man fragen, iſt er denn gar berufen? Wohnt in dem Ueberkommenen eine Gotteskraft, ſo kann es nicht angetaſtet werden; und iſt die Gotteskraft nicht in ihm, wie kann er es erhalten? Und warum hat das Ueberkommene auf einen ſo großen, wo nicht den größten Theil der Glaubensgenoſſen ſeine Kraft und Wirkſamkeit verloren? Warum hat die Gotteskraft, die in dem Ueberkommenen ruhen ſoll, aufgehört wirkſam zu ſein? Darauf erwiedert man: eben dazu iſt der zeit- und wiſſenſchaftlich gebildete Rabbine berufen, daß er in das Beſtehende und Ueberkommene die wirkſame Gotteskraft, die allerdings von ihm gewichen, wieder hineintrage; daß er die Kunſt der Rede dazu benutze, um in jeder unwirkſam gewordenen Ceremonie, in jedem inhaltsleeren Gebrauche den Zuſammenhang derſelben mit einer erhabenen religiöſen Idee nachzuweiſen; daß er durch ſymboliſche Ausſchmückungen und durch die blendende Kraft künſtleriſcher Beredtſamkeit es dem Volke begreiflich zu machen ſuche, wie man nur durch die Uebung dieſes und jenes Gebrauches ein wahrhafter Israelite ſein und zur Seligkeit gelangen fönne, Wenn aber der Rabbine,
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