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Der glaubensvolle Muth des israelitischen Volkshirten dem Murren seiner Gemeinde gegenüber : Predigt, gehalten in der Synagoge zu Schwerin am 29. Juni 1844 / dem Druck übergeben von Samuel Holdheim
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denn, das uns bei unſerem verfehlten Streben ſo unwillig

macht? Es iſt das betrübende Gefühl des Mißlingens.

Wir ſetzen alle unſere Kräfte an ein Ziel, ſehen uns aber von fo vielen Hinderniſſen und Schwierigkeiten umringt, daß wir an dem Gelingen unſeres Strebens und Wirkens ver­

zweifeln müſſen. Es iſt einmal in der menſchlichen Natur

tief begründet, daß das Gelingen uns freudig erhebt, das Mißlingen uns beugt und niederſchlägt, ein erreichtes Ziel uns beglückt, ein verfehltes uns traurig und unglücklich macht. Und gehen die Hinderniſſe und Schwierigkeiten von Menſchen aus, die das Gute unſerer Abſicht nicht erkennen, die Echtheit unſeres Strebens mißkennen, uns dafür mit Undank, mit Schmach und Läſterung belohnen, ſo werden wir unwillig und zornig über die Schwachen und Kuirzſichtigen. Der Muth entfällt uns und ein Verzagen und Verzweifeln tritt an deſſen Stelle. Sind wir dagegen von der Vortrefflichkeit und Heiligkeit unſeres Strebens überzeugt, und haben wir den feſten unerſchütterlichen Glauben an Gott, den Allmächtigen, der trotz aller Schwierig­keiten und Widerſtrebungen der Menſchen dennoch unſer Streben zur Verherrlichung ſeines Namens geling en, unſer heiliges Ziel erreichen laſſen wird, ſo können wir nicht verzagen und nicht verzweifeln. Unſer Muth wird dann ſtets neu und verjüngt

ſich beleben, an den Hinderniſſen noch kräftiger ſich emporrichten.

Unwille und Zorn können dann unſerer Seele ſich nicht bemächtigen, mit dem unerſchütterten Gleichmuth kann auch die Liebe in unſerem Herzen niemals wanken, und im Vertrauen auf Gott werden wir den Hinderniſſen lächeln und das ſchöne Ziel aus dem Auge nicht verlierend, durch Dornen und Diſteln muthig wie durch Roſenpfade demſelben entgegengehen. Durch dieſen glaubensvollen Muth inmitten der Gefahren werden die Schwierigkeiten überwunden. Die Schwachen im Volke richten ſich an ihm empor. Es muß ein feſter Glaube ſein,

der den Kampf nicht ſcheuet, der dem Murren trotzt. Dieſer

Glaube theilt ſich dem Volke mit. Es gewinnt Glauben an die Heiligkeit und Wahrhaftigkeit deſſen, was nur aus einer. feſten uͤeberzeugung entſprungen fein, wofür nur mit dem feſten Glau­ben an das Gelingen durch Gott ſo muthvoll gekämpft werden kann. Der Name Gottes wird in den Augen des Volkes geheiligt. Statt Zorn waltet nur die Liebe, und dieſe Liebe, die ſchbnſte Frucht des innigen Glaubens, iſt unüberwindlich. Das iſt die Bedeutung des göttlichen Wortes: weil ihr nicht an mich geglaubt, mich zu heiligen in den Augen der Kinder Israel, deswegen ſollt ihr die Gemeinde nicht bringen in das Tand, das ich ihnen gegeben. Hättet ihr an mich geglaubt, daß ich troſs dem Murren und dem Widerſtreben des Volkes