12
dies etwa auch, weil es mit Maimonides, oder vielmehr mit Ihnen, im Widerspruch steht, seine Autorität einbüßen?
Die ganze Abhandlung endigt mit den Worten eines der gelehrtesten und scharfsinnigsten Rabbiner, die wir nun zur Abwechselung einmal anhören sollen. Sie lauten:
„„ Die Prinzipien der Tradition, der die ganze talmudische und „rabbinische Literatur ihr Entstehen verdankt, ist nichts anderes, als „das Prinzip der beständigen Fortbildung und zeitgemäßern Entwickelung, „als das Prinzip, nicht Sklaven des Buchstabens der Bibel zu sein, „sondern nach ihrem Geiste und nach dem ächten Glaubensbewußtsein, daß die Synagoge durchdringt, fort und fort zu zeugen."" Um hier nicht weitschweifig zu werden, so ist der langen Rede kurzer Sinn, daß der Talmud ist nicht im Geiste der Tradition erklärt habe, und daß wir daher, die wir den Geist doch besser kennen, nicht so genau seinen Vorschriften Folge zu leisten hätten; obgleich Maimonides es für nöthig erachtet, weil ein Mal alle darin übereingekommen sind. Also die Talmudisten kannten den Geist nicht, Sie aber, Herr Rabbiner wissen es ganz genau wie der Geist der Tradition war und glauben sich daher für berechtigt zu halten, Ihre winzige Persönlichkeit dem Talmud gegenüber zustellen! Wahrlich, wenn geistige Größe sich durch ein arrogantes, hochmüthiges Wesen kund giebt, so muß Ihnen der Talmud in jeder Beziehung weichen! Aber vergessen Sic nicht, das Sie alle Veränderungen des Gebetbuches mit den Talmudisten in Einklang zu bringen strebten, ja sogar immer den Maimonides als Beleg dazu anführten; und jetzt treten Sie mit einem Male gegen beide auf! Das ist nun wieder eine Stelle an der man es deutlich sehen kann, weß Geistes Kind Sie sind!
Es heißt ferner, in der Geula habe sich das Gebetbuch keine wesentliche Veränderung erlaubt, und daß es den Messiasglauben mehr geistig als persönlich aufgefaßt habe, dafür werde ihm wohl jeder denkgläubige Israelit Dank wissen, weil es die Propheten auch so sagten. Ueberhaupt meinen Sie, das Wort unsre religiöse Zukunft sei ein unrichtiges, da wir bloß die Priorität zu vindiciren hätten. Gehen wir wieder ihre Belege durch! Die erste Prophetenstelle, die Sie hier beibringen, ist Jesaias 11, 9; denn da steht: „Und die Erde wird „voll werden von Gotteserkenntniß wie Gewässer das Meer bedecken." Das ganze folgende Kapitel spricht aber von der fortwährenden Größe Israels, und das darauf folgende zwölfte schließt: „Jauchze und frohlocke Tochter Zions, denn groß ist in deiner Mitte der Heilige Israels:" also wird sich Gott immer noch der Heilige Israels nennen, was doch wirklich auf unsre religiöse Zukunft hinwcist, Zacharias 13, 10muß ein Irrthum sein, da das dreizehnte nur neun Verse hat, übrigens handelt das ganze vierzehnte Capitel nur von der Größe Israels, von