Ihre Schrift, Herr Dr. "ist von so ganz eigenthümlicher Art, weicht so ganz von den beiden früheren ab, daß sie einer ganz eigenthümlichen Widerlegung bedürfte; denn während jene beiden Herren doch wenigstens in manchen Stücken die Hülle und das Äußere des Judenthums beizubehalten bemühet waren, während sie noch eine Scheingelehrsamkeit zu entwickeln sich bestrebten, so haben Sie, sich stützend aus Ihre beiden Vorgänger, einen ganz anderen Weg eingeschlagen, und nur sich begnügt, mit dem Oberrabbiner zu Altona zu zanken, und Ihren Aerger kund zu geben, daß auch er endlich aus seinem bisher wirklich unbegreiflichen Stillstände fortgeschritten ist, und gleichfalls ein anathema sit ausgesprochen hat. Da nun schon die früheren erwähnten beiden Broschüren, oder vielmehr die eine gehörig widerlegt worden ist, Ihr Wortgezänk aber, oder, wie Sie es nennen, Ihre Beleuchtung keiner wissent- schaftlichen Widerlegung werth ist, so begnüge ich mich bloß zu sehen, wie Sie eigentlich Ihre Hauptaufgabe, die Darstellung des Judenthums in Stillstand und Fortschritt auf jüdischem Boden gelöst haben, und dies dem Publikum anschaulich zu machen suchen.
Wie Sie gesehen haben werden, pflege ich mich gerne an die Titel zu machen, und sie zu untersuchen; und ist der Titel des neuen Gebetbuches nicht mit seinem Inhalte vereinbar, der, den Herr Dr. Salomon seinem Werke beilegte, aber unstatthaft, so ist dennoch der Titel, den Sie ersonnen haben, mehr als, je ein Widersinn, Stillstand und Fortschritt! Was heißt das eigentlich ein Fortschritt in der Religion? Sobald eine Religion fortschreitet, muß sie ja aus den bisherigen Grenzen heraustreten und dann kann sie ja Nichtsein, was sie früher war; mag man auch bei menschlichen Dingen, ja sogar bei Gesetzgebungen, Verfassungen und dgl. von Fortschritt reden können, weil dem menschlichen Geiste sich im Laufe der Zeit auch ein weit größeres Feld der Geistesbildung eröffnen kann, weil seiner geistige Thätigkeit sich nach so vielen Seiten hin immer mehr und mehr auszubreiten im Stande ist, wie vermag man dies aber von einem göttlichen Gesetze, das als seirren Verfasser die höchste Weisheit, die größte Wollkommen- heit anerkennt? Wie kann man da auch nur über einen Punkt hinwegschreiten, da auch nur ein Gebot als unwesentlich betrachten, will man nicht dem Gesetze auch zugleich den Character eines göttlichen rauben? Ihre beiden Mitkämpfer haben die Verteidigung umgekehrt geleitet; sie haben immer bewiesen, wie die Herren Gebetbuch-Verfertiger auf die früheren Rabbiner zurück geschritten sind, und Sie nennen dies einen