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Jude und Nichtjude : eine Erwiderung auf die Schriften der Triple-Allianz der Herren Doctoren Holdheim, Salomon und Frankfurter / von einem Ungenannten
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Fortschritt? Wahrlich, das ist ein unerklärliches Räthsel, zu dessen Lösung ich mich nicht berufen fühle! Da es überhaupt kein wahrhaft menschliches Leben ohne Religion giebt, diese also das Fundament, die Basis des Lebens ist, das sie fortwährend trägt, wie kann also wohl ein Leben beschaffen sein, dessen Stützen und Grundpfeiler wanken, im Fortschritte begriffen sind? Es kann wohl die höchste Blüthe, die Ausbildung, die Verfeinerung und Veredlung des thierischen Lebens im Menschen ftattfinden, nie aber dessen wahrhaft menschlicher vom Göttli- lichen vorzugsweise zuertheilter Beruf erfüllt werden, wenn das Bin­dungsmittel zwischen Gott und Mensch, die Religion nicht erst feststeht. Und dann merken Sie wohl auf, wohin dieser Fortschritt führt! Gränzen haben Sie nicht gezogen und können hier überhaupt nicht gezogen werden, da doch kein Mensch sich in seinem geistigen Forschritte, wie Sie ihn auch auf die Religion angewendet haben, von einem andern Menschen- Geiste sich Fesseln anlegen läßt. Wenn Sie nun immer so recht fortschreiten,

daß Sie der Religion erst ganz den Rücken zugewendet haben (und dieser

Augenblick ist wirklich nicht mehr so fern), wenn Sie nach wie vor in

Ihrem unermüdlichen Zerstörungseifer fortfahren dann liegen vor Ihnen

nur zwei Wege offen; entweder Sie nehmen eine Vernunftreligion an,

ohne irgend eurem positiven Glauben anzugehören, aber das duldet der

Staat nicht, Sie müssen also die ... . wählen, Doch ich will hier

in diesen, eben nicht sehr erbaulichen Betrachtungen nicht weiter fort-

fahren, da dies nur Schlüsse sind, wie sie der menschliche Verstand mit

sich bringt, und ich nicht wie manche eingebildete Thoren glaube, daß

die Gabe der Inspiration sich noch äußere, daß man also in die Zukunft blicken könne; haben doch schon unsere Weisen gesagt n'2 21NL' MD

Z N2M VlvO-lVon der Zeit der Zerstörung des Heilig-

thums sei die Inspiration den Thoren gegeben," d. h. jeder der sich für inspirirt halte sei ein Thor!

Sie schildern da gleich im Anfange Ihres Buches den Zustand der Juden im Mittelalter mit Schauder erregenden Farben, und leiten daraus die Unmöglichkeit eines Fortschreitens im Judenthum her. Aber dies war nicht überall so, denn die Juden auf de r Py renäischen Halb- insel lebten wie bekannt unter dem milden Scepter der Araber sehr glücklich, in einem sehr blühenden Zustande, ja sie bekleideten sogar Staatsämter und Würden. Wo lebte denn der selbst von Ihren Vor­kämpfern so hoch gefeierte Maimonides, wo Nachmonides, wo der berühmte geistreiche ? Und diese Männer, die alle dem

Mittelalter angehören, kannten das Judenthum, seiner geistigen Auf­fassung (nicht Fortschritt) nach, gar nicht?!

Was ferner die Glaubensartikel arrlangt, die Sie in klaren Worten aussprechen und dabei bemerken, daß Bibel und Tradition Ihnen zur Seite stehen, wie Holdheim und Salomon, die beiden Koryphäen