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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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Lieber Mann," entgegnete die Rabbinerin,ich habe bei der ganzen Sache nur ein Bedenken. Wo wir beide bis jetzt je eine Meinungsverschiedenheit hatten, hat sich füglich immer herausgestellt, daß ich im Unrechte war und Du immer Recht hattest, ich fürchte, es würde dieses Mal wieder so gehen."

Du fürchtest?" entgegnete Rabbi Jesaja.Darüber müßtest Du Dich freuen, wenn es uns gelungen ist die Un­schuld fälschlich Verdächtigter an den Tag zu bringen! Wenn Du aber wirklich glaubst, daß ich im Rechte bin, und daß Du die drei Leute in der That unschuldiger Weise verdächtigt hattest, dann können unsere Nachforschungen unterbleiben."

Aber wie bekommen wir unsere schönen, gestohlenen Kleider wieder?"

Du sprichst schon wieder von gestohlenen Kleidern! Ich sehe, wir müssen der Sache ihren Gang laßen, sonst wirst Du mit dem Munde mir zustimmen, im Herzen aber den schwarzen Verdacht weiter hegen. Proßnitzer soll aus die Reise nach Mainz!"

II.

Die Rabbinerin hatte kaum wenige Minuten das. Studirzimmer damals sagte manLernstube" ihres Mannes verlassen, als Wolf Proßnitzer reisefertig eintrat. Die Freude, wieder einmal reisen zu können, wenn auch nur für wenige Stunden, und die noch größere, seinen Wohlthätern einen kleinen Gegendienst leisten zu können, blitzte aus den dunklen Augen des jungen Mannes. Er trug in der rechten Hand einen derben, kernigen Stock und in der linken ein kleines Paquet.