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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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Was habt Ihr in dem Paquet?" fragte leutselig der Rabbiner.

Es enthält nichts als Tallis und Tephilin und ein kleines Raschi-Chumesch, um, wenn sich Zeit dazu^ findet, unterwegs etwas lernen zu können."

Das ist Recht. Aber Ihr habt eine wichtige Sache ver­gessen. Ihr müßt Euch etwas zu essen mitnehmen, und ich ge­statte nicht, daß Ihr das Haus verlasset, ohne Euch in der Küche richtig zu verproviantiren. Ihr wißt, Gedola Legima!' Die Wegzehrung ist etwas Großes. Wir lassen keinen Fremden ohne Nahrungsmittel für die Reise ziehen, wie könnten wir Euch eine Reise ohne Proviant antreten lassen, die Ihr für uns zu machen so freundlich seid. Aber jetzt habe ich Euch im Vertrauen eine Mittheilung zu machen; setzt Euch."

Als sich der junge Mann niedergesetzt hatte, trat Rabbi Jesaja an ihn heran und sagte mit gedämpfter Stimme:

Es drückt mich ungemein, daß meine gottesfürchtige- Frau gegen fremde Menschen einen schwarzen Verdacht hegt,, ohne einen anderen Anhaltspunkt dafür zu haben, als daß sie die Kleider nicht mehr findet, und daß die drei Reisenden kurz vor Entdeckung dieses Verlustes abgereist sind. Das Schlimmste aber ist, daß ich aus dem ganzen Auftreten des jüngsten dieser drei Gäste leider Ursache anzunehmen habe, der Verdacht sei nicht unbegründet. Ich möchte nun nicht, daß meine Frau die Sünde begeht, Jemanden zu verdächtigen und möchte auch nicht, daß der vermuthliche Dieb sich fortgesetzt der Sünde schuldig macht, gestohlene Sachen zu besitzen. Ihr reist also den Leuten nach; Ihr werdet sie bald eingeholt haben, und' könnt ohne große Mühe feststellen, daß sie die Kleider haben. Ihr sagt den Leuten, ich, der Frankfurter Ras, schickt Euch,,