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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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Kabinetsstücke der alten Goldschmiedekunst und waren vielleicht schon viele Jahrhunderte alt. Wer weiß, wie lange sie schon in unserer Familie sich von Eltern aus Kinder vererbt haben."

Was würdest Du sagen," frug der Rabbi,wenn ich Dir die Knöpft herbeischasfte, ehe sünf Minuten ver­flossen sind?"

Als Rabbi Jesaja diese Frage stellte, schlug die Thurm­uhr gerade die Mitternachtsstunde. Von der Straße tönte der Ruf des Nachtwächters, welcher in der Judengasse die zwölfte Stunde verkündete. Eine solche Frage von Rabbi Jesaja ge­stellt, war für die Rabbinerin so viel, als sei sie bereits in ihrem Sinne beantwortet. Sie wußte, wie die ganze Welt ihren Gatten als einen der größten Kabbalisten der Gegenwart verehrte. Noch niemals hatte sie gesehen oder gehört, daß ihr Mann seine Kenntnisse der Geheimlehre angewandt hätte, um als Wunderthäter zu gelten. Wenn er aber in fünf Minuten die Knöpft schaffen kann, dann war für sie kein Zweifel mehr, daß ihr gefeierter Gatte wirklich der Mann war, zu dem die ganze Judenheit in solcher Verehrung emporblickte. Diese und ähnliche Gedanken wirbelten ihr so toll durch den Kopf, daß sie mit stierem Blick und offenem Mund auf ihren Gatten starrte und ganz auf die an sie gerichtete Frage zu antworten vergaß.

Ich will Dir sie geben, die goldenen Knöpfe, aber nur unter der Bedingung, daß Du mich erstens nicht fragst, wie ich zu ihnen gekommen bin, und daß Du Dich zweitens sofort zur Ruhe begiebst, nachdem Du Deinen Schatz sicher geborgen hast."

Mit diesen Worten erhob sich Rabbi Jesaja, öffnete einen der zahlreichen Wandschränke seines geräumigen Zimmers, der mit alten goldenen und silbernen Pokalen, Habdolobüchsen,