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daß wir allein sind, so früh werden wir am wenigsten gestört, und ich habe ja noch gar keinen Bericht von Euerer Reise."
Proßnitzer setzte sich nieder und der Rabbi fuhr fort:
„Ich nehme an, daß Alles so den Verlauf genommen hat, wie wir vorher gesagt haben, und es ist in diesem Falle schade, die kostbare Zeit mit unnützen Worten zu verlieren. Ihr habt auch bis auf einen Punkt Eure Mission gut erfüllt. Wenn man sich aber einer so delikaten Aufgabe zu entledigen hat, die einen so hart an die Grenze führt, die zwischen Wahrheit und Unwahrheit liegt, so muß man doppelt und dreifach ängstlich auf das Wort der Ehora bedacht sein: „Von jedem Wort der Lüge halte Dich fern." Das habt Ihr ein einziges Mal — seid mir tausendmal mauchel — vielleicht nicht genügend beachtet; sonst hättet Ihr nicht Wohl sagen dürfen, daß alle drei Betroffenen ehrliche Menschen sind. Ehrliche Menschen sind sie doch nicht?"
„Gestattet mir der Rabbi ein Wort der Entgegnung?" fragte bescheiden Proßnitzer.
„Gewiß, so viel Ihr wollt," erwiederte der Rabbi.
„Nun denn," begann Proßnitzer, „möge es mir gestattet sein, an die Stelle zu erinnern, die wir erst kürzlich gelernt haben. Wenn Jemand eine Frau ehelicht unter der Voraussetzung, daß er ein vollendet gerechter Mann sei, es stellt sich aber heraus, daß er bis dahin ein Bösewicht war, so ist der Trauungsakt doch giltig, denn der Schlechte kann in diesem Augenblick den Vorsatz gefaßt haben,, ein gerechter Mann zu werden. Dann ist er es sofort, wie er diesen Vorsatz ausgesprochen hat. Wenn somit ein vollendeter Bösewicht in wenigen Sekunden durch den Vorsatz der Besserung ein voll-