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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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Trödlern Umschau halte. Er versprach mir das Nöthige zu besorgen und, um es kurz zu machen, in zwei Stunden waren die silbernen Knöpse meines bisherigen Rockes entsernt, und dieser glänzte unter dem trügerischen Glanz von zwölf falschen Knöpfen sv herrlich, daß sie die echten Knöpse, die ich in dem Schrank verschlossen, aus dem ich sie gestern Abend sortge- nommen hatte, noch überstrahlten.

Als ich am Seder-Abend beklommenen Herzens mit meinen- alten Rock und seinen glitzernden falschen Knöpfen aus der Synagoge nach Hause kam und in den Kreis der lieben Meinen trat, jubelte mir meine liebe Frau strahlenden Antlitzes ihren Gruß entgegen, sagte mir, wie ich zehn Jahre jünger in dem schönen, glänzenden Rocke aussehe; wie Rabbi Jochanan doch so Recht hat, wenn er die Kleider die Ehre des Menschen nennt, kurz, die Feuerprobe war glänzend bestanden, die List war gelungen. Jetzt wißt Ihr Alles. Meine liebe Frau darf von alledem nichts wissen, sonst stellt sich doch wieder die Nothwendigkeit heraus, daß ich einen neuen Rock haben muß. Aber man sieht hieraus wieder, wie Recht der Rambam hat, wenn er sagt, daß von der Zedoko, die wir üben, nur Gutes folge. Hätte ich dem Talmid Chochom nicht in seiner Roth geholfen, so wäre meine Frau um ihr kost­bares Erbstück gekommen. Jetzt aber hält sie mich für einen großen Wunderthäter, bis ich ihr auch einmal bei Gelegenheit die ganze Geschichte erzähle. Euch habe ich sie erzählt, damit Ihr nicht der Welt weitersagt, ich sei ein Wunderthäter und Meister der Kabbala . Doch es ist Zeit zum Morgengebet, das wollen wir doch nicht verplaudern."