„Unsere Weisen lehren," sagte er vor sich hin, „wer auf dem Wege geht, sein Thoralernen unterbricht und sagt, wie schön ist dieser Baum, wie schön ist diese Flur, der hat sein Leben verwirkt. Wenn Jemand durch seinen Silberschrank sich von seinem Lernen abziehen ließe, so würde er kaum ein geringeres Unrecht begehen. Deswegen darf der Gedanke an diese verlorenen Silberschätze nicht den Gedanken an Gottes Thora beeinträchtigen. Nachdem ich nun dieser Anforderung Rechnung getragen, muß ich doch dem, was geschehen ist, meine Aufmerksamkeit zuwenden."
Behutsam öffnete er Zum zweiten Male den Schrank, stellte das Buch auf seinen Platz und durchmusterte das Innere noch einmal mit seinem Lichte. Der Schrank war so hoch, wie das Zimmer, die Höhe war durch fünf Bretter zu fünf gleichen Theilen getheilt. Von diesen fünf Brettern waren die drei untersten mit den gestohlenen Silber- und Goldgeräthen angefüllt gewesen, die zwei obersten Bretter waren immer leer und nur eine dicke Staubschicht hatte sich darauf gesetzt, weil sie niemals benutzt wurden. Auf diese beiden oberen Bretter hatte Rabbi Jesaja bei seiner ersten Durchsuchung keinen Blick geworfen. Jetzt aber nahm er einen Stuhl und leuchtete über das zweitoberste Brett hin, aber kaum war der Lichtschein darauf gefallen, als Rabbi Jesaja betroffen inne hielt. Endlich hatte er eine Spur gefunden. In der Staubdecke, die das Brett bedeckte, waren die Spuren von vier Fingern einer Hand in ganz scharfen Umrissen ausgeprägt. Der Dieb hatte mit einer Hand den Schrank geleert und mit der anderen sich an dem oberen Brett festgehalten, so daß der Daumen die untere und die vier übrigen Finger die obere Seite des Brettes festhielten.