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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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seinem Gesetze, seinen heiligen Stätten und Männern gilt, diese müßte, da der Gegenstand ihrer Verehrung Gott Tag und Nacht, in der Jugend und im Alter, im Hause und auf der Straße, also immer und überall zugegen ist, diese müßte denn auch immer und überall uns die Mütze in die Hand drücken und uns nöthigen, barhaupt zu gehen. Da das durch körperliche Disposition, durch Witterungsverhältnisse und andere Um­stände nicht wohl möglich ist, so sind wir auf die andere Art des Grußes angewiesen und tragen das Haupt fortwährend bedeckt.

Nachdenklich nahm Herr von Dingeldein seinen schweren Helm vom Tische, setzte ihn auf und meinte:

Unter diesen Umständen gestatten Sie Wohl, daß ich Ihrem Beispiele folge und meinen Kopf ebenfalls bedecke. Das ist übrigens eine selbstverständliche Forderung der Etiquette. Wenn sich fürstliche Persönlichkeiten besuchen, legt der Gast die Uniform des Gastgebers an. Sie sind ein Fürst des Geistes, ich bin ein Vertreter Seiner Kaiserlichen Majestät. Sie hatten bei Ihrem Besuche im Rathhause den Takt, sich meiner Ge­pflogenheit zu fügen und jetzt ist die Reihe an mir, es Ihnen nachzuthun. Aber das ganze Ensemble Ihres Studirzimmers hat mich so frappirt, daß ich darüber die ersten Regeln des An­standes übersah. Was mich aber wundert, ist die einfache, verzeihen Sie, die geradezu ärmliche Möblirung des Zimmers, in dem Sie doch den größten Theil Ihres Lebens verbringen. Wer einen so reichen Silberschatz sein nennt, wie der Euch ge­raubte, der hat doch sicher die Mittel, wenigstens ein Sopha, gepolsterte Stühle und Teppiche zu verwenden. Warum ist Euer Zimmer so kärglich ausgestattet? Verzeiht die vielleicht indiskrete Frage, aber ich bin überzeugt, daß auch hierfür