45
Gründe vorhanden sind, aus deren Mittheilung ich vieles lernen kann."
„Ew. Excellenz bedürfen der Belehrung nicht in einer Angelegenheit, deren Beweggründe sich dem Nachdenkenden von selbst aufdrängen. Wir Juden thun nicht gut daran, das bischen Wohlstand, mit dem Gott den einen oder anderen ausgezeichnet hat, so vor aller Welt zu zeigen. Die Lüsternheit nach jüdischem Besitzthum ist bei der großen Masse leider schon rege genug. Während sonst Leute es vorziehen, lieber reich zu scheinen, als es zu sein, ist bei uns das Gegentheil der Fall. Und gar bei einem Rabbiner! Wir besitzen auch noch bessere Zimmer, besonders unsere Sabbat-Stube läßt es an keinem Comfort bürgerlichen Hausstandes fehlen. Aber was sollte ein solcher Comfort in einem Raume, der dem unablässigen Studium geweiht ist? Die Bequemlichkeit und Gemiithlichkeit,, die sie gewähren, sind keine geeignete Förderer eines ernsten Studiums. Mein seliger Vater pflegte zu sagen, es sei noch niemals Jemand auf einem Sopha oder in einem Fauteuil ein Thora-Gelehrter geworden; und unsere großen Weisen lehren: Iß Brod mit Salz, trinke Wasser nach dem Maße, schlafe auf dem Boden und führe ein entsagungsreiches Leben, wenn Du so handelst, bist Du glücklich und es geht Dir gut, in dieser Zeitlichkeit und in der Ewigkeit."
Sinnend blickte der allmächtige Stadthauptmann bei dieser Auseinandersetzung vor sich hin. Dann fuhr er, wie aus einem Traume empor und sprach, als wäre er allein im Zimmer, mit einer Anspielung an die bekannten biblischen Worte:
„Wie ehrfurchtgebietend ist dieser Ort, das ist ein wahres Gotteshaus und hier ist die Pforte zum Himmel."