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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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Ew. Excellenz erweisen meinem bescheidenen Heim eine -allzugroße Ehre," bemerkte Rabbi Jesaja.Wenn hier die Himmelspsorte wäre, gäbe es keine Diebe da. Aber in dieser Stunde bin ich dem Diebe, dem ich für todtes Silber die Ehre eines so hohen Besuches verdanke, so aufrichtig dankbar, daß ich ihn belohnen möchte, wenn ich ihn nur kennen würde."

Durch diese feine Wendung wurde der Herr Stadthaupt­mann in verbindlicher Weise an den eigentlichen Zweck seines Besuches erinnert.

Sie haben Recht," sagte er aufstehend,wir müssen nun einmal die Oertlichkeit genau in Augenschein nehmen. Es ist merkwürdig, wie oft die geriebensten Diebe uns durch ein leicht­sinniges Versehen die Spuren an die Hand geben, die zu ihrer Verfolgung und Abfassung führen. Der eine läßt eine Fuß­spur zurück, der andere verliert einen Hemdknopf und der Dritte begeht sonst eine Unvorsichtigkeit, aber nach vier Wochen, Herr Rabbiner, können wir auf alles dieses nicht mehr rechnen. So lange Zeit, sagten Sie doch, ist seit dem Diebstahl verflossen, nicht wahr?"

Allerdings ist's so lange her. Auf etwaige Spuren außerhalb des Schrankes können wir kaum mehr hoffen. Zwar habe ich selbst eine eingehende Untersuchung sofort, als ich den Verlust merkte, vorgenommen, aber das will nicht viel heißen. Jedoch habe ich den Schrank am Tage darauf ver­schlossen und ihn seitdem nicht wieder geöffnet. Etwaige Spuren an diesem eigentlichen Thatort müßten sich daher jetzt noch so gut wie damals finden."

Einen Augenblick schwankte Rabbi Jesaja, ob er etwas von der Handspur sagen sollte, die er im Staube ausgeprägt fand; aber auch nur einen Augenblick. Da es ihm nach der