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da ihm das Schloß geläufiger sei, selber zu öffnen, die ihm auch gewährt wurde. Er nahm den Schlüssel heraus, setzte noch einmal an und mit einem leichten Ruck war die Thüre offen.
Wer aber beschreibt das Entsetzen, das die beiden Männer erfüllte, als sie einen Blick in das Innere des Schrankes geworfen hatten!, Da standen alle die gestohlen geglaubten Werthsachen, ganz genau in Reih' und Glied, wie sie von jeher gestanden hatten. Es fehlte kein Stück, es war keine Veränderung wahrzunehmen, keine Spur einer fremden Hand, die da je eingegriffen hätte, war zu erkennen!
Rabbi Jesaja erbleichte. So groß war sein Schrecken damals nicht, als er den Diebstahl entdeckt hatte, wie heute, wo er das gestohlen geglaubte Gut so unerwartet plötzlich vor sich sah. Einen Augenblick schien er die klare Seelenruhe, die kühle Besonnenheit und Umsicht verloren zu haben, die sonst sein ganzes Thun und Lassen verklärte. Er verrieth seine namenlose Aufregung, indem sich ihm aus der gepreßten Brust der Ausruf rang: „Ribbaunau schel Aulom!" (Herr der Welt.) Aber diese Worte hatten, kaum den Lippen entglitten, ihn auch sofort aus seiner Bestürzung gerissen. Er warf jetzt einen ersten Blick auf seinen hohen Gast. Dieser zitterte am ganzen Körper und rief alle guten Geister in keuchend hervorgepreßten Lauten an. Er wußte, daß der Frankfurter Rabbiner den Ruf eines großen Kabbalisten genoß, seine erregte Phantasie sah alle Kobolde und Dämonen, die zwischen Himmel und Erde schweben, neckisch aus dem geheimnißvollen Schranke lugen. Er fühlte sich im Bannkreis des größten Schwarzkünstlers und glaubte, er sei von dem Rabbiner in diesen Zauberkreis gelockt worden, wer weiß, aus welchen Absichten.
Als ob Rabbi Jesaja diese Gedanken seines Partners aus