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Schritt legte sich die Erregung; die Tritte verloren nach und nach ihre ungestüme Hast und plötzlich hielt der Dauermarsch, der schon fast fünf peinliche Minuten gedauert hatte, gänzlich inne. Mit gerunzelter Stirne blieb Herr von Dingeldein vor dem Rabbiner stehen, blickte ihm scharf in die Augen und fragte:
„Steht die ganze Geschichte nicht mit der Geheimwissenschaft der Kabbalah in Verbindung, von der ich weiß, daß sie in Euch ihren größten Meister hat? Ist keine schwarze Kunst, kein Teufelsspuck hier im Spiel? Antwortet, der Wahrheit gemäß, wenn Euch Euer Leben lieb ist!"
„Gnädiger Herr!" erwiederte mit seiner vollständig wiedergewonnenen Seelenruhe Rabbi Jesaja , „ich bin ein Mensch wie Ihr, wenn ich mich mit Hochdero vergleichen darf. Das Studium des Gotteswortes und der übrigen heiligen Schriften ist mein Lebensberuf. In diesen letzteren ist auch die Wissenschaft der Kabbalah enthalten. Dieselbe hat mit dem nichts zu thun, was der große Troß bei ihr sucht. Stattete sie aber ihre Jünger wirklich mit der Kenntniß aus, die Geheimnisse zu erklären, deren Enthüllung doch in erster Reihe Sache der Polizei ist, hätte ich dann Ew. Excellenz heute bitten müssen, mir zur Auffindung des mir gestohlenen Gutes zu helfen? Als Bileam auszog, um Israel zu verfluchen, störte ihn sein Esel in diesem Vorhaben. Erzürnt über die Störrigkeit seines Thieres, rief er aus: „Hätt' ich ein Schwert zur Hand, ich würde dich sofort getödtet haben." Als das die ihn begleitenden Abgesandten des moabitischen Königs hörten, wußten sie, was sie von dem Fluch dieses Zauberers zu erwarten hatten. Ein ganzes Volk, sagten sie sich, will er durch sein Wort vernichten, und um sein Thier zu meistern, richtet sein Wort so