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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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Rabbi Jesaja beschloß daher, sofort zum Stadthauptmanw zu gehen und ihn zu bestimmen, die ganze Sache nunmehr auf sich beruhen zu lassen. Eben wollte er seinen Pelz anziehen und sich zum Fortgehen anschicken, als an die Thiire gepocht wurde und zu seiner großen Ueberraschung Herr Stadthaupt­mann von Dingeldein in voller Galauniform eintrat.

VIII.

Herr von Dingeldein war wie umgewandelt. Seine Blicke leuchteten in wilder, unheimlicher Freude, seine kupfer­farbige Nase schillerte in's Bläuliche und verrieth, daß ihr Be­sitzer zur Mittagstafel dem Wein gut zugesprochen hatte. Dabei trug er ein joviales, burschikoses Wesen zur Schau, das keine Spur mehr von der Ehrerbietung zeigte, mit der er Heute- Morgen dieses Zimmer betreten hatte.

So rasch, Herr Rabbiner, hätten Sie mich Wohl nicht wieder aus dem Platze vermuthet. Aber ich habe Ihnen ja schon einmal gesagt, etwas Kabbalistik versteht die Polizei auch.. Um es kurz zu melden, wir haben nicht nur den Silberschatz, wir haben auch den Dieb, er ist bereits auf dem Weg in den Thurm."

Rabbi Jesaja erbleichte und sank vor Schrecken auf den nächsten Stuhl nieder. Keuchend preßte er die Worte hervor:

Und wie heißt er?"

Das sollen Sie sofort erfahren. Ich muß Ihnen nur erst berichten, wie sich die Sache so rasch gemacht hat. Wissen Sie, ein so merkwürdiger Fall ist mir noch nicht vorgekommen; es ließ mir keine Ruhe, bis ich volles Licht in die dunkle Ge­schichte gebracht hatte. Ich zog meinen findigsten Geheimpoli-