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zisten, den langen Gredinger, in's Vertrauen und hieß ihn eine gründliche Haussuchung bei allen hiesigen Trödlern vornehmen. Er solle aber, so instruirte ich ihn, nicht bei den jüdischen Trödlern, sondern bei den christlichen begjnnen. Da es sich um Eigenthum des Rabbiners handelt, so sagte ich mir, hat der Spitzbube es nicht gewagt, den Diebstahl zu einem Glaubensgenossen zu bringen. Da der Schatz jetzt wieder an seinem richtigen Platz ist, so ist in den Gewölben der Trödler selbstredend nichts mehr zu suchen und zu finden. Um so sicherer vermuthete ich die Spur in den Büchern und Papieren der Händler. Da man Gegenstände von so bedeutendem Werthe nicht ohne Schein und Quittung und vor Allem nicht ohne detaillirte Aufzählung der einzelnen Stücke aus der Hand giebt, so instruirte ich meinen Beamten, nach dieser Richtung hin eine Haussuchung vorzunehmen. Mein nach Ihren Angaben verfertigtes Berzeichniß gab ich dem Gredinger mit und im Verlauf einer Stunde kommt der geriebene Mensch schon mit der Nachricht von dem Dieb, den er richtig entdeckt hat. Er hatte eine glückliche Hand. Sofort bei dem Trödler Franchetti, den er zuerst aufsuchte, fand er das Gewünschte. Hier lest es selbst."
Rabbi Jesaja's Hand zitterte hin und her; er blickte wie versteinert auf die Schriftzüge und war unfähig ein Wort zu lesen.
„Ihr seid ein Talmud-Gelehrter und in Folge dessen ist Euch das deutsche Geschreibe wohl nicht so geläufig," meinte der Stadthauptmann, indem er das Papier wieder hinnahm. „Es sind auch so vertrakte Schnörkel drin, daß selbst ein geübter Leser seine liebe Noth damit hat. Der Dieb, der wahrscheinlich Gewissensbisse oder Angst vor der Polizei hatte, bescheinigt darin, daß er die namentlich aufgeführten Gegenstände wieder