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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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keine Lunte riecht, hielt ich es für gerathen, kein Wort darüber zu verlieren; aber das schließt doch nicht aus, nach ihm zu fahnden und jede Rücksicht fallen Zu lassen, jetzt, wo wir ihn haben."

Rabbi Jesaja fühlte ohne großen Scharfsinn heraus, daß aus diesem Wege nichts zu Gunsten des gefänglich Eingezogenen zu erreichen sei. Dem Stadthauptmann that es jedenfalls wohl, einen so handgreiflichen Beweis seiner Findigkeit richtig auszu­schlachten. Lag des Schicksal des Verhafteten wirklich lediglich in Händen des Gerichts, so mußte der Stadtrichter für eine schonende Behandlung des Falles gewonnen werden. Dazu konnte Herr von Dingeldein jedenfalls viel beitragen.

Des großen Dankes, den ich Ew. Excellenz schulde, bin ich mir wohl bewußt," lenkte Rabbi Jesaja ein.Mehr als ich ihn bereits ausgesprochen habe, ruht er unvergeßlich bei mir, und ich hoffe, daß sich mir einmal Gelegenheit bieten möge, diesen Dank durch eine That besiegeln zu können. Sie haben mit großer Umsicht und mit sicherem Scharfsinn und jedenfalls mit viel besserem Resultate nach dem Thäter geforscht, als dies irgend einem anderen und am wenigsten mir selber möglich ge­wesen wäre. Wäre ich davon nicht von vornherein überzeugt gewesen, so hätte ich ja gewiß nicht Ew. Excellenz mit der An­gelegenheit zu behelligen mir gestattet, und hätte mich, den ge­wöhnlichen Jnstanzengang einhaltend, zunächst an die zustän­digen unteren Polizei-Organe gewandt. Aber ich hatte, wie Ew. Excellenz noch erinnerlich sein wird, noch eine andere Bitte, die mich bestimmte, direkt um Hochdero Bemühung zu bitten und das war der Wunsch, daß der Thäter nicht der Strenge des Gesetzes verfalle. Diese Bitte liegt mir heute noch mehr am Herzen, als zuvor. Die Beweise, die gegen Proßnitzer vor-

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