64
liegen, mögen noch so erschwerend sein, ich glaube nicht an seine Schuld, wenn er sie nicht selber bekennt."
„Aber lieber Herr," entgegnete unwillig der Stadthauptmann, „Ihr seht doch hier seine Unterschrift mit eigenen Augen."
„Wäre es das erste Mal, daß eine derartige Unterschrift gefälscht ist? Könnte nicht Jemand den ehrlichen Namen Wolf Proßnitzer mißbraucht haben, um einen so ansehnlichen Silberschatz unauffällig einem Trödler zu übergeben?"
„Aber Ihr sagtet doch selber, daß der Diebstahl nur von Jemanden begangen sein könne, der mit der Häuslichkeit vollkommen vertraut ist. Dieser Vertrauensmißbrauch wird bei der Bemessung der Strafe wesentlich in's Gewicht fallen und ich sollte mich nicht wundern, wenn der geriebene Erzschelm in acht Tagen am Galgen baumelt; was ihm auch von Gottesund Rechtswegen gehört."
„Der unschuldig Verdächtigte wird aber um Himmelswillen doch wenigstens erst verhört werden, bevor man ihn auftnüpft?"
Die Erregung des Rabbiners und seine fortwährende Behauptung, daß der durch die Findigkeit des Stadthauptmanns so rasch dingfest gemachte Dieb unschuldig sein solle, reizten den Stadthauptmann derart, daß er unwirsch seinen Helm in die Hand nahm und sich brüsk mit den Worten verabschiedete:
„Ihr werdet Euch hoffentlich bald überzeugen, wer von uns beiden im Recht ist. Bis dahin wollen wir der Sache ihren Lauf laßen, sie liegt beim Stadtgericht in guten Händen. Wenn Ihr warten wollt, bis der Einbrecher seine Schuld selber eingesteht, so könnt Ihr allerdings lange warten. Das Gericht wartet nicht so lange, und damit Gott befohlen."