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war's nicht gemeint. Ich wollte eine Summe bis zu tausend Gulden für den Gefangenen ausfetzen, etwa als Caution oder in welcher Form es sonst statthaft ist, um darzuthun, wie sehr mir an der Freilassung oder milden Beurtheilung des Gefangenen gelegen ist."
Diese in ruhiger, fester Weise gesprochenen Worte hatten einen unverkennbaren Eindruck bei dem Richter gemacht. Er trat vor Rabbi Jesaja hin und sprach:
„Ihr seid ein edler Mann; verzeiht, wenn ich Euch Unrecht gethan habe. Wohl habe ich, wie bereits erwähnt, bis jetzt keine amtliche Kenntniß von dem Vorgang, aber Herr Stadthauptmann von Dingeldein hat mir die Sache privatim mitgetheilt und mir Eueren Besuch in Aussicht gestellt. Der Herr Stadthauptmann hat zwar einer exemplarischen Bestrafung des Diebes das Wort geredet, aber ich werde nach Eurer Verwendung für den Angeschuldigten, ihn so milde als möglich bestrafen. Euer Besuch im Gefängniß hätte keinen Zweck. Ich hätte schon formell das Recht, von der üblichen Gepflogenheit, welche ja den Verkehr mit Untersuchungsgefangenen untersagt, für dieses Mal abzugehen; aber es wird mir viel leichter sein, für den Gefangenen mildernde Umstände geltend zu machen, wenn ich in seiner Behandlung keine Ausnahme gestatte. Ich verspreche Euch außerdem, den Fall so rasch wie möglich zu erledigen und Euch dann sofort zu benachrichtigen."
Mehr konnte Rabbi Jesaja für den Augenblick nicht erreichen; er hatte nicht einmal so viel erwartet. Dankend verabschiedete er sich von dem Oberrichter und eilte nach Hause.
Ungeduldig hatte ihn seine Gattin erwartet, welcher er das Resultat seines Besuches erzählte. Diese, die körperliche