gesühnt werden. So lange diese Zeugen aber fehlen, sind keine- noch so gravirenden Momente stark genug, um die Schuld als über jeden Zweifel erhaben anzuerkennen. Daß das Schriftstück, welches bei dem Trödler gefunden wurde, sehr wohl eine Fälschung sein könne, betonte der Vorsteher selbst. Auf das Geständniß der Schuld durch den Angeklagten legte man im allgemeinen nicht viel Gewicht, da die Folterftrafen, die in jener Zeit beim Untersuchungsverfahren angewandt wurden, auch den Unschuldigen oft Verbrechen eingestehen ließen, die er nimmer begangen hatte.
Die Rabbinerin, die der Unterhaltung der beiden Männer bisher stillschweigend zugehört hatte, fragte, ob es ihr gestattet sei, ein Wort zu sprechen; und als es ihr mit großer Bereitwilligkeit gestattet wurde, bat sie um Erlaubniß, einen Imbiß für ihren Mann holen zu dürfen, da er seit dreimal vierundzwanzig Stunden weder Speise noch Trank zu sich genommen hatte.
Entsetzt fuhr der Vorsteher empor, als er dieses hörte.
„Ein Heiliger wie Ihr, legt sich solche Kasteiung auf, und ich wage es, Euch mit Fragen und dem Gerede der Welt zu belästigen?"
Er wollte gehen, doch der Rabbi hielt ihn zurück, während die Rabbinerin hinweg eilte, um für den Gatten ein stärkendes Mahl zu bringen.
„Ich habe eine Bitte an Euch," Hub der Rabbi an, „versprecht mir durch Handschlag, daß Niemand durch Euch erfährt, daß Ihr mich fastend angetrossen habt. Unter der großen Aufregung der jüngsten Tage kann ich es meiner Frau nicht verargen, wenn sie es Euch verrathen hat. Wollt Ihr?"