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macht, dafür seid Ihr jetzt eine sprechende, leibhaftige Bestätigung. Ein so treuer Freund eignet sich schlecht zum strengen, unparteiischen Richter. Wie tonntet Ihr sonst nach Stellen in Schas und Poskim fragen, die über mein Thun den Stab brechen? Das können Euch die Kinder in der Schule sagen. Wenn Ihr nachher am Cheder vorüber geht, tretet einmal ein und laßt Euch von dem erstenJungen, der Euch in die Hand kommt, die Erklärung von Raschi aus den ersten Vers unserer Sidra Mischpatim sagen. „Das sind die Rechtsfälle, die du ihnen vorlegen sollst." Ihnen, aber nicht äußer- jüdischen Tribunalen! Dort ist auch der Entweihung des göttlichen Namens, den wir tragen, gedacht, welche es deutet, wenn wir jüdische Rechtsstreitigkeiten nicht nach dem Gesetze der Thora entscheiden, sondern vor die nichtjüdische Oeffentlichkeit zerren. Und wir haben doch hier, Gott sei Preis und Dank, Din Thora, unser richtig gehandhabtes jüdisches Rechtstribunal und ich, sein erster Beamter, rufe nach der Polizei!"
Vor Erschöpfung hielt.der Rabbi einen Augenblick inne und fuhr dann fort:
Ich bin kein zu strenger Beurtheiler meiner eigenen Handlungen; ich täusche mich auch über die mildernden Umstände nicht, die mein Thun in einem weniger schlechten Lichte erscheinen laßen. Sicher hätte ich niemals diesen verhängniß- vollcn Schritt gethan, wenn ich mir nicht Folgendes gesagt hätte: Es ist klar, daß der Diebstahl nur von einem mit der Häuslichkeit überaus Vertrauten begangen sein konnte. Von unseren jüdischen Hausgenossen hielt ich keinen einer solchen Thai fähig. Mein Verdacht wurde deshalb auf unser nicht- jüdisches Dienstpersonal gelenkt, das ich doch nicht zum Din Thora hätte fordern können und bei dem die Polizei mit
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