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Anforderungen mehr als genügend entsprach, so wenig, befriedigte ihn auf die Dauer diese aufreibende Thätigkeit.
Als er eines Abends wieder erschöpft nach Hause kam, bemerkte die besorgte Gattin zu ihrem Entsetzen, daß der Rabbi den Arm in einer Schlinge trug. Ein Granatsplitter hatte in dem Gemeindehause einen kleinen Feuerbrand verursacht, bei dessen Löschen ein stürzender Balken den Arm gestreift hatte. Die Verletzung war unbedeutend, aber sie öffnete der Rabbinerin die Augen über die Lebensgefahr, welcher ihr Gatte sich täglich aussetzte.
„Einem Meister der Thora, wie Du es bist, der das Feuer des Gesetzes zu hüten berufen ist, steht es schlecht an, bei einem der täglich vorkommenden Brände Feuerwehrdienste zu verrichten."
„Du hast Recht," erwiederte lächelnd Rabbi Jesaja, „aber Du siehst ja, wie ich auch sofort dafür bezahlt wurde, daß ich mich um Dinge kümmere, die andere bester verstehen, als ich."
„O gewiß sehe ich es, aber ich denke, daß Du jetzt endlich meiner Bitte entsprichst und Dich nicht mehr auf die Gaste wagst, wo jeder Schritt Dein theures Leben bedroht."
„Der Unfall hat mich nicht auf der Gäste, sondern im Gemeindehause während einer Sitzung der Armen-Kommiffion betroffen. Das Haus ist keine hundert Schritte von hier entfernt. Was mir dort begegnete, kann mich in jedem anderen Hause treffen und das unsrige ist ebenso wenig gegen die feindlichen Kanonenkugeln sicher."
„Wenn das wirklich der Fall ist, so meine ich, wir sollen Prag verlassen, und uns wieder in Frankfurt niederlasten, wo sich die Gemeinde glücklich schätzen würde, uns in ihrer Mitte zu wissen."