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„Das sei fern von mir, daß ich Prag in einem solchen Momente verlasse. Von hier wegzugehen, könnte ich mich nur entschließen, wenn ich das heilige Land aufsuchen könnte, um aus dem Boden unserer Väter mein Leben zu beschließen. Aber damit bist Du ja heute gewiß so wenig einverstanden wie früher."
„Du weißt, daß ich der Absicht, Dich später in das heilige Land zu begleiten, nicht abgeneigt bin. Aber es thut mir in der Seele Weh, daß heute, wo Du noch nicht fünfzig Jahre zählst, Du bereits vom Beschließen Deines segensreichen Lebens sprichst, und ich befürchte, daß Deine Reise in das heilige Land solchen Gedanken neue Nahrung geben wird."
„Sei unbesorgt; der Gedanke an das heilige Land und die Reise dorthin wird meine Jahre nicht kürzen, sondern verlängern. Es heißt nicht umsonst: Erez Hachajim: das Land des Lebens. Aber anderestheils bin ich sicher, daß ich nicht das hohe Alter meiner Ahnen erreichen werde und gerade deshalb zieht es mich nach dem Lande unserer Väter."
„Würdest Du in einer solchen aufgeregten Zeit wirklich eine so große Reise wagen wollen?"
„Wie Du ängstlich bist! Hast Du mir nicht selber eben vorgeschlagen nach Frankfurt zu reisen?"
„Die Reise nach Frankfurt ist klein im Vergleich zu den Ländern und Meeren, die uns vom Lande Israel trennen."
„Ich möchte fast das Gegentheil behaupten. Der Krieg, der jetzt schon zwei Jahre wüthet, wird ein Weltkrieg werden und Gott allein weiß, wie viele Jahre dauern. Er wird mit jedem Jahre weitere Kreise ziehen. Heute sind nur Böhmen davon betroffen, und die zunächst an dasselbe grenzenden