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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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Völker. Aber wer weiß, ob es schon nächstes Jahr noch möglich ist, eine solche Reise anzutreten, wenn der Krieg erst ganz Eu­ropa ergriffen hat."

Gespräche dieses Inhalts wurden säst täglich zwischen den beiden Gatten geführt, bis endlich der Entschluß zur Reise kam, Prag zu verlassen und das heilige Land aufzusuchen. Als Bedingung für ihre Nachgiebigkeit hatte die Rabbinerin nur die Bitte gestellt, sie möchten bei dieser Reise den Umweg über Frankfurt machen, um ihre dortiges Lieben noch ein einzigesmal wiederzusehen.

Rabbi Jesaja versprach gern die Erfüllung dieses Wunsches, der übrigens durch die kriegerischen Unruhen ge­boten war. Der nächste Weg durch Oesterreich nach Italien war ihnen durch den Krieg, der die sämmtlichen österreichischen Kronländer verheerte, ohnedies unmöglich. Der Wunsch, noch einmal nach Frankfurt zurück zu kommen, wurde zudem von Rabbi Jesaja noch tiefer empfunden, als von seiner Frau.

Er hoffte dort noch immer am ersten eine Spur von Proßnitzer aufzufinden, was ihm in Prag trotz aller Be­mühungen nicht gelingen wollte. Er hatte sogar einen Boten in die Vaterstadt des jungen Mannes geschickt, um durch den Vater vielleicht Näheres über den Verbleib des Sohnes zu er­fahren. Aber der Ort war von Tilly'fchen Landsknechten zum großen Theil in Asche gelegt worden. Fast alle Einwohner hatten sich geflüchtet, die jüdische Gemeinde hatte sich nach allen Richtungen zerstreut.

Wie von Joseph in Egypten die Ueberlieserung berichtet, daß er zur Zeit der Hungersnoth persönlich von allen Per­sonen Kenntniß nahm, die in das Land kamen, um Getreide