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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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meinde bis jetzt noch am glimpflichsten von allen Kriegsgreueln davon gekommen ist, welchen so viele andere Gemeinden er­lagen. Wenn Ihr uns jetzt verlasset, was soll aus uns werden?"

Lächelnd erwiederte Rabbi Jesaja:Euch beiden brauche ich nicht zu antworten, Ihr habt es schon selber gethan; der eine von Euch hat die Bedenken des anderen zerstreut. Wäre ich der große Mann, dessen Verdienst stark genug ist, die ganze Prager Gemeinde zu halten, so wäre es auch stark genug, um die Gefahren der Reise zu bestehen und sie glücklich zu über­winden. Ist aber mein Verdienst nicht ausreichend genug, um den Gefahren dieser Reise die Stirne zu bieten, wie könnte es denn so groß sein, daß es gar einer großen, heiligen Ge­meinde, wie es die hiesige ist, zu Gute käme? In Wirklichkeit wird Gottes Gnade dieser heiligen Gemeinde beistehen, nach meinem Weggang, wie es vor meiner Ankunft der Fall war. Das Wohl dieser Muttergemeinde in Israel wird der Gegen­stand meines täglichen Gebetes sein. Aber es ist ihr gewiß besser gedient, wenn ich von den heiligen Stätten, dort wo die Pforte zum Himmel ist, für sie mein Gebet emporsende, als außerhalb des heiligen Landes."

Wenige Wochen später war Rabbi Jesaja auf der Rück­reise nach Frankfurt begriffen. In alle jüdischen Gemeinden, die auf der Reiseroute lagxn, war die Kunde vorangeeilt, daß Rabbi Jesaja Hurwitz Halevi, dasLicht der Diaspora", wie ihn die gelehrten Zeitgenoffen nannten, im Anzuge sei. Die reisende Familie wurde mit großer Ehre und vielen Hul­digungen allerorts empfangen. Die größeren Gemeinden schickten den Reisenden kriegsgeübte Söldner entgegen, die sie über die Stadt hinaus begleiteten, bis die Bedeckung der

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