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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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an welcher die Pferde gewechselt wurden, begleiten. Rabbr Jesaja gab es nicht zu.

Warum sollen wir den Schmerz der Trennung un- nölhiger Weise ausdehnen? Fasse die Sache nicht so ernst auf. Die große Mizwa, der meine Reise gilt, wird Euch beistehen. Ihr seid durch Gottes Hilfe reichlich mit Geldmittel versorgt und ich bin es ebenfalls, im Schutze Gottes stehen wir, warum sollen wir uns unnöthiger Weise grämen? Wie viele Männer reisen Wochen und Monate lang, getrennt von Weib und Kind, umher, um Brod zu suchen. Wer findet etwas Schreckliches darin? Würde man nicht im Gegentheil denjenigen als schlechten Familienvater verurtheilen, der, um ein gemächliches Familienleben führen zu können, den Erwerb von Brod ver­nachlässigte? Und um unsere Heimath zu suchen, wäre das nicht statthaft, was bei der Suche nach Brod recht und billig, ja Pflicht und Schuldigkeit ist? Gott segne Euch und behüte Euch, Gott lasse Euch sein Antlitz leuchten und sei Euch gnädig, Gott wende Euch sein Antlitz zu und gebe Euch Frieden! Amen! So möge es sein Wille sein!"

Mit diesen Worten stieg Rabbi Jesaja in die Reise­kutsche, in welche ihm drei Freunde folgten, um ihm bis Darm­stadt das Geleite zu geben. Der Rabbiner Rabbi Samuel Hildesheim mit den Notablen Rabbi Simon Günzburg und Rabbi Juda Selklin Stiebel.

In Darmstadt hatte die Gemeinde Alles aufgeboten, um dem seltenen ehrwürdigen Gaste einen ehrenvollen Empfang zu bereiten. Rabbi Jesaja blieb mit seinen Frankfurter Be­gleitern drei Tage in Darmstadt. Dann verabschiedeten sie sich und Rabbi Jesaja reiste, von einem Ehrengeleite der Darm­städter Gemeinde begleitet, nach Heidelberg weiter.