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Ueberallhin war die Nachricht von der Reise des gefeierten Mannes seiner Ankunft vorausgeeilt, so daß die ganze, weite Reise einem Triumphzuge glich, bis endlich die Meeresküste erreicht wurde. Drei Monate hatte so die Reise bis dahin gedauert, da sie in jeder größeren Gemeinde mehrere Tage unterbrochen werden mutzte, so daß Rabbi Jesaja, der vor Verlangen nach dem heiligen Ziele glühte, das erste zur Abfahrt bereite Schiss bestieg, welches direkt nach Jaffa fuhr und eine große Anzahl jüdische und christliche Pilger zählte, welche das gleiche Reiseziel hatten.
Zum ersten Male befand sich Rabbi Jesaja unter lauter Menschen, von welchen keiner ihn kannte und dieses Jncognito that seiner der vielen Ehren und Huldigungen müden Seel- doppelt wohl. Das Schiff hatte zuerst conträren Wind, der dis Geschwindigkeit der Fahrt hemmte und die Reisenden verdrießlich stimmte. Rabbi Jesaja aber hatte seine alte, ursprüngliche Heiterkeit wiedergefunden, sobald er das Festland verlaßen und sich dem Meere anvertraut hatte. Jeder Lufthauch, der dem Schisse entgegen wehte, war ihm ein Gruß aus dem heiligen Lande, den er deshalb gierig aussog. Es folgten dann auch einige stürmische Tage, die das Verbleiben auf dem Verdecke unmöglich machten und zum Aufenthalt in den Kajüten und dem gemeinschaftlichen Speisesaal nöthigten. Rabbi Jesaja versuchte in diesen Mußestunden an seinem großen Werke „Die beiden Bundestaseln" (Schneh Luchoth Habris: Schloh) zu arbeiten, aber die Erschütterung des Schiffes gestattete eine derartige Arbeit nicht. Die meisten Passagiere hatten schwer durch die Seekrankheit zu leiden, von der Rabbi Jesaja vollständig verschont blieb. Seine reichen, vielseitigen Kenntnisse machten ihn bald zum allgemeinen Helfer und Rath-