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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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geber der Mitreisenden, die alle mit Bewunderung und Ver­ehrung Zu dem jüdischen Gelehrten emporblickten.

Nach einer verhältnißmäßig kurzen Fahrt von fünszehn Tagen wurde die Küste des heiligen Landes sichtbar. Von diesem Augenblicke an verließ trotz Sturm und Nebel Rabbi Jesaja das Verdeck nicht mehr, sondern stand mit unverwandt auf das Land gerichtetem Blicke da, als wollte er das Ziel seiner Reise mit den Augen verschlingen. Endlich erreichte das Schiff den Hasen von Jaffa. Rabbi Jesaja war der erste, welcher das Schiff verließ. Er flog die leiterartige Treppe hinab, die an das Schiss zur Landung angelegt wurde. Kaum hatte sein Fuß den Boden berührt, so fiel er in die Kniee und küßte mit heißer Innigkeit die heiligen, theueren Steine, betend, schluchzend und seine ganze Umgebung vergessend. Die meisten Reisenden hatte ebenfalls die Liebe zum heiligen Lande hierher geführt, aber diese Gluth der Begeisterung erfüllte keinen. In ehrerbietiger Scheu bildeten alle einen Kreis um den wunderbaren Mann, der da im Staube liegend, die ganze ihn umgebende Welt vergessen zu haben schien.

Als sich Rabbi Jesaja vom Boden erhoben hatte, nahten sich ihm die Reisegefährten, um sich von ihm zu verabschieden und ihn um seinen Segen zu bitten. Ihren Kreis durchbrach, eine Gesandtschaft der jüdischen Gemeinde von Jaffa, deren Führer an Rabbi Jesaja herantrat und ehrfurchtsvoll den Saum seines Kleides küßte.

Scholaum Alechem Rabbi! Friede mit Euch Lehrer und Meister! Ihr seid ohne Zweifel der Mann, den wir seit acht Tagen schon sehnlichst mit jedem ankommende'n Schiffe erwarteten. Verzeiht, haben wir wirklich die Ehre, das Licht Israels, den Meister der Thora, das Haupt der Zerstreuten