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hing eine goldene Ampel, welche ein mattes Licht verbreitete. Das Zimmer war leer. Nichts als kahle Wände und eine kleine hölzerne Bank in der Ecke und eine Sanduhr.
„Was hat's mit diesem Raum für eine Bewandtniß?" fragte Rabbi Jesaja seinen Führer.
Dieser letztere war erdfahl und unruhig geworden und antwortete nicht auf diese Frage. Er zog einen langen, blitzenden Dolch mit echter Damascener-Klinge unter seinem seidenen Burnus hervor und während er mit der Besichtigung der Waffe sich zu thun machte, um dem Blick des Rabbiners auszuweichen, keuchte er kalt und feindselig die Worte hervor:
„Mit diesem Dolch müßt Ihr sterben, bevor eine Viertelstunde vergeht."
Rabbi Jesaja glaubte, sein Wirth habe plötzlich den Verstand verloren und warf rasch einen orientirenden Blick auf die Thüre. Aber diese war verschlossen und nur durch einen geheimen Druck zu öffnen, den Niemand außer dem Eigen- thümer des Hauses kannte.
Er wußte, daß man Geisteskranken durch kaltblütiges Eingehen auf ihre Absichten am sichersten imponiren kann. Ruhig schaute er seinem so plötzlich wie umgewandelten Wirth in die wild rollenden Augen und fragte:
„Warum wollt Ihr eigentlich zum Mörder an mir werden?"
„Warum?" keuchte der Angeredete hervor. „Kennt Ihr mich denn wirklich nicht?"
„Gewiß kenn' ich Euch, Ihr seid Rabbi Seeb Ephrgsi,. der Vorsteher der heiligen Gemeinde zu Jaffa!"