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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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wie ein räudiger Hund aus der menschlichen Gesellschaft in die Verbannung und in das Elend gestoßen wurde. Ihr habt es böse mit mir im Sinne gehabt, Gott hat es zum Guten ge­führt, und mich endlich den Tag erleben lassen, den ich so lange erhofft und vorbereitet habe, den Tag, an dem Ihr meiner Rache verfallet. Ich kannte Euere Absicht, einst das Land der Väter auszusuchen. Hierher habe ich mich deshalb direkt ge­wandt, als ich aus Frankfurt durch Euer Betreiben hinausge­stoßen wurde. Hier in Jaffa wußte ich, werdet Ihr mir nicht entgehen. Jaffa, sagte ich mir, müsset Ihr passiren, und wie eine Spinne im Netze auf ihre Opfer lauert, so stand ich hier viele Jahre auf der Warte, bis endlich die Stunde gekommen ist, die mir meinen Feind in die Hände gegeben hat. Als ich vor sechs Jahren dieses Haus baute, habe ich dieses Zimmer für Euch bestimmt. Hier verfallet Ihr meinem Dolche. Ihr könnt hier schreien, es hört Euch Niemand durch die dicken Mauern und die schweren Doppelthüren. Ihr könnt nicht fliehen, denn Ihr seid in fünf Minuten eine Leiche, die ich heute Abend in's Meer zum Fraß der Fische werfen lasse. So wie ich's lange vorhergesehen und geplant hatte, ist Alles gekommen. Ihr reist Euerem Wunsche gemäß incognito und allein, und wenn diejenigen, die Euch in Jerusalem suchen, Euch vermissen, so haben Euch Beduinen auf dem Wege angesallen und Euch Geld und Leben genommen. Versteht Ihr mich?"

Rabbi Jesaja wollte reden, aber es gelang ihm nicht, zu Worte zu kommen.

Mit gezücktem Dolch trat der Wütherich auf Rabbi Jesaja zu und wollte ihn durchbohren. Da siel Rabbi Jesaja auf die Kniee und suchte die Mordgier seines Todfeindes durch einige Worte zu besänftigen; es war umsonst.