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aber das nicht zu thun, war die einzige Bitte, die Rabbi Jesaja an seinen Mörder stellen wollte. Er hoffte sicher, daß er sie ihm nicht abschlagen werde. Der Transport der Leiche nach dem Meere, das noch eine beträchtliche Strecke von dem That- ort entfernt war, erforderte ja viel mehr Weitläufigkeiten, als die Bestattung am Platze der That, etwa im Hofe des Hauses.
In Wehmuth gedachte er der fernen Gattin und seiner Kinder, von welchen er sich im Geiste verabschiedete. Aber ein Blick auf die neben ihm rauschende Sanduhr erinnerte ihn, daß schon mehr als die Hälfte der ihm eingeräumten Zeit verstrichen sei. Unter heißen Thränen sprach er das Sündenbe- kenntniß und dann den ersten Abschnitt des Schemagebets.
Er erhob sich, nachdem er geendet, von seinen Knieen und sprach zum Schluß die Bitte, mit der er allnächtlich sein Nachtgebet einleitete:
„Ribaunau schel Aulom! Meister der Welt! Ich verzeihe und vergebe Jedermann, der mich erzürnt, gekränkt, oder sonst gegen mich gefehlt hat, betreffe es meine Person, mein Vermögen, meine Ehre oder was mir sonst zusteht, es möge Jemand aus Zwang, aus freiem Willen, aus Jrrthum oder im Uebermuth, mit Worten oder Thaten gegen mich gefehlt haben, ich verzeihe jedem Sohne Israels und auch sonst möge kein Mensch meinetwegen bestraft werden, auch Wolf Proßnitzer nicht, der mich zu tödten im Begriffe steht, weil ich ihm sein Lebensglück getrübt habe. Verzeihe meine Sünden, und besonders die an Wolf Proßnitzer durch meine Schuld verübte Verstümmelung lösche hinweg mit Deinem großen Erbarmen. Amen. So möge es Gottes Wille sein. Sela. —"