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langen, so wäre es doch nicht möglich gewesen, die bösen Zungen in Ruhe zu halten, wenn der selige Oberrabbiner nicht jedem erklärt hätte, er wisse ganz genau, woher der Katzenellen- bcgen'sche Reichthum stammt und es hafte demselben auch nicht der leiseste Schatten eines Unrechts an. Das Gegentheil sei der Fall. Wenn man die Details kennt, wie sie ihm Katzenellenbogen unter dem Siegel der Verschwiegenheit mitgetheilt habe, so muffe man den Biedermann noch höher achten, als es heute allgemein geschieht. Seitdem waren 80—60 Jahren verflossen. Rabbi Joöl's Vater war schon vor mehr als dreißig Jahren gestorben. Außer Rabbi Moscheh dachte vielleicht Niemand mehr daran, sich an Rabbi Joel's Reichthum zu stoßen. Da die plötzliche Wendung in dem Geschick der Familie Katzenellenbogen sich zu einer Zeit vollzog, in welcher Rabbi Joöl noch ein Kind war, so glaubte R. Moscheh, daß sein Freund selber über die Details dieser wunderbaren Begebenheit nicht unterrichtet sei. Sie blieb unerörtert. Die beiden Freunde lebten, lernten, diskutirten seit vielen Jahrzehnten zusammen. Es wußte jeder ganz genau, wie viel harbe Rambams der andere auf Lager hatte, wie sie recht zu machen, und welche Einwürfe gegen die Richtigstellung zu erheben seien; sie behandelten die orientalische Frage, Schutzzoll und Freihandel, den preußischösterreichischen Krieg vom Jahre 66 und noch viele andere Themata jeder von seinem Standpunkte, sie zogen alles Mögliche und Unmögliche in den Kreis ihrer Diskussion, nur den einzigen Punkt berührten sie niemals.
Als wir die Freunde über ihrem schweren Stück Gemoro stehend fanden, war eine besonders Politisch erregte Zeit in Deutschland. Es war im Hochsommer des Jahres 66 kurz nach Tischo-be-Ab, als gerade der Entscheidungskampf zwischen