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Inzwischen hatten sich die Leute zum Minchagebet eingefunden: die Freunde trennten sich mit den Worten: „Also Morgen früh nach Schul!"
, Ihr Minchagebet verrichteten heute die Helden unserer Erzählung nicht mit der Andacht, die sie sonst erfüllte, und noch den ganzen Abend, ja die Nacht hindurch beschäftigte sie der Gegenstand ihrer Unterhaltung in so hohem Grade, daß sie ganz davon eingenommen waren. Rabbi Jotzl war Abends vor Maariw an der Reihe Mischnajos vorzutragen; aber er war so zerstreut, daß ihn einer der jüngsten Kollegen schon beim ersten Tosphot Jom tob schachmatt gemacht hatte, ohne daß ihm R. Moscheh zur Seite gestanden hätte. Dieser rüstete sich mit hieb- und schußsesten Waffen für den geistigen Ringkampf, der ihm morgen bevorstand. R. Joöl will ihm über allen Zweifel beweisen, daß man an die Bedeutsamkeit der Träume glauben müsse? Wie ist das möglich? Nach dem frugalen Abendbrod nahm er sich seine Brochos-Gemoro vor, schlug den letzten Perek auf, der die Ansichten unserer Weisen über Träume ausführlich behandelt; es war Alles so, wie er gesagt hatte. Daraus konnte Rabbi Joöl nichts beweisen. Allerdings sagt Rabbi Channa im ersten Perek: „Wenn sogar der Herr der Träume dem Menschen sagt, daß er morgen sterben müsse, soll man die Hoffnung aus Gottes Erbarmen nicht aufgeben." Dieses „sogar" spricht den Träumen allerdings eine große Bedeutung zu; aber Rabbi Joöl mußte doch wissen, daß der Mharscho zur Stelle in diesem „sogar" ganz anders Peschat lernt und geradezu das Gegentheil daraus folgert. Obwohl Träume Schäume sind, so führt er ja aus, giebt es doch nichts so Gleichgiltiges, das uns nicht bestimmen sollte, es zum Gegenstand des Gebets zu machen. Sogar,