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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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So ging ich am ersten Tag Chol Hamoäd noch vor An­bruch des Tages mit etwas Schmuro-Mazzo in der Tasche nach Lundhofen, das drei Stunden von hier entfernt ist. Als ich an dem Felde anlangte, kam gerade der Uckerknecht des Hofbauers angefahren, um das Feld für den nächsten Schmuro- weizen zu Pflügen. Wir kannten uns von Ansehen, da wir schon mehrere Jahre uns beim Schneiden des Schmuroweizens gesehen hatten, aber keiner von uns beiden wußte den Namen des Anderen.

Der Knecht war nicht wenig erstaunt mich zu so unge­wöhnlicher Leit hier zu treffen und meinte, ich käme ein paar Monate zu früh. Ich sagte ihm, daß ich hier Jemanden er­warte und ging mit dem Knecht hinter der Pflugschaar her, immer die Blicke auf den Boden geheftet, in der Hoffnung, beim Pflügen einen Schatz zu finden. Um elf Uhr fuhr der Knecht nach Hause und lud mich ein mitzukommen und im Bauernhof einen Imbiß zu nehmen. Aber es war Peßach, wo ich ja nichts in einem fremden Hause genießen konnte, zudem fürchtete ich auch den Ort, wenn auch nur auf kurze Zeit zu verlassen, an dem ich mein Glück machen sollte. Um ein Uhr kam der Knecht wieder und meinte, mein Freund ließe mich lange warten. Ich leistete ihm wieder den ganzen Nachmittag Gesellschaft, immer die Augen auf die Furchen gerichtet, aber ich fand nichts. Mein Benehmen war dem Knecht auffällig und als er sich gegen sechs Uhr Abends zur Heimkehr rüstete, sagte er mir:Ihr sucht etwas den ganzen Tag hier, habt Ihr vielleicht vorigen Herbst etwas auf dem Felde verloren?"

Mißmuthig wie ich war, antwortete ich dem biederen Knechte:Allerdings suche ich etwas, ohne daß ich etwas ver­loren hätte. Fast schäme ich mich Euch meine Dummheit ein-