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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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Schnörkel von Amtswegen, die können auch einem anderen Arbeit machen. Sie haben mich so neugierig und ungeduldig gemacht, daß ich nicht die Ruhe habe, diese Schrift zu Ende zu lesen. Sagen Sie mir nur kurz, worum handelt es sich eigentlich?"

Ihr erinnert Euch noch der Geschichte mit der Familie des seligen Schreiners Dennler. Er ist jetzt zwei Jahre todt, seine Frau folgte ihm wenige Wochen später in die Ewigkeit nach und die drei kleinen Würmchen von Kindern, von welchen das älteste fünf Jahre alt war, standen verlassen und verwaist da. Ihr habt damals gerathen, man solle die Kinder in's Waisenhaus nach Kassel thun; ich war dagegen und bin es auch heute noch; die Gründe brauche ich jetzt nicht zu wieder­holen. Die armen Waisen hatten nichts als das Häuschen, in dem sie wohnten, den großen Kartoffelacker, eine halbe Stunde von hier und den schönen Garten, der hier an den meinigen grenzt. Den Acker habe ich durch die Vormundschaft verpachten lassen, den Garten habe ich, da er mir so bequem liegt, gemein­schaftlich mit dem meinigen selber bearbeitet, habe das Obst und Gemüse in der Stadt verkaufen laßen und ein kleines Kapital anzulegen begonnen, das sich, bis die Kinder heran­wachsen, vielleicht doch zu einigen hundert Gulden anhäufen kann, wenn der Vater der Waisen seinen Segen dazu giebt. Das Alles wißt Ihr, auch daß ich für meine Arbeit in dem Garten niemals einen rothen Heller berechnet habe, daß ich über Alles, was ich von den Erträgnissen gelöst, genau Buch geführt und den Ertrag mit jetzt schon 76 Gulden auf der Sparkasse für die armen Kinder angelegt habe. Ihr wißt auch, wie es mich beglückt hat, auf diese Weise ohne besondere Mühe meiner­seits, den verlassenen Waisen zur Hand zu gehen, und jetzt»