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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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-erschüttert. Die Bauern sind Zwar gutmüthig von Natur, aber sie sind ebenso mißtrauisch. Wenn sie hören, daß unser Kon­sistorium mich für einen Menschen hält, der sich an Waisengut vergreist, und mir deshalb einen Verweis gidbt, was sollen dann die einfachen Leute sagen, die an die Kasseler Autorität blindlings glauben, dann bin ich . . . ."

Nur gemach, Herr Pfarrer," unterbrach ihn jetzt Ben- sew,die Sache ist schon ernst, und es kann einem schon wehe thun, so verkannt zu werden und gar von seiner Vorgesetzten Behörde, aber das muß sich ganz gewiß aufklären. Meiner Meinung nach muß das Konsistorium von selbst seinen über­eilten Schritt gegen Sie einsehen und jedenfalls ist Ihnen der Weg zu Ihrer Rechtfertigung unbenommen. Im Dorfe weiß zur Zeit Niemand was von der Geschichte, nicht einmal der Holzmann, dagegen möchte ich meinen Kopf verwetten. Wir haben also Zeit, einmal darüber zu schlafen und einige Tage die Situation ruhig zu überlegen. Inzwischen legen Sie sich im Kopfe Ihre Rechtfertigung zurecht; wenn Sie dieselbe zu Papier gebracht haben, wollen wir sie miteinander durchgehen und dann in acht Tagen zur Post geben. Haben Sie das Buch zur Hand, in welchem Sie die Einkünfte für die Waisen notirt haben und auch das Sparkassenbüchelchen, in welchem die 76 Gulden eingetragen sind?"

Ich habe beides hier in der Tasche; seht es Euch nur an, es ist Alles in Ordnung."

Geben Sie mir die zwei Büchelchen mit nach Hause, da kann ich mir Alles mit mehr Ruhe durchsehen. Morgen muß ich über Land und gehe schon früh fort, ob ich Abends wieder hier bin, weiß ich selber noch nicht, aber jedenfalls bin ich übermorgen zurück, dann wollen wir die Sache gründlich