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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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Einen Pfarrer haben wir Israeliten nicht; aber der Pfarrer von Malsfeld ist uns allen ein guter Freund, und wir sind es ihm nicht weniger. Deshalb komme ich eben zu Eurer Eminenz."

Ah! Um den Pfarrer von Malsfeld handelt es sich und feine saubere Geschichte! Hätte mir doch eigentlich gleich denken können, daß er eine Anzahl Juden zu Complicen hat. Also der Pfarrer von Malsfeld schickt Euch zu mir?"

Nachdem die erste Verlegenheit überwunden war, hatte Bensew seine ruhige Ueberlegung und feine praktische Lebens­klugheit wiedergesunden, er antwortete daher ganz freimüthig:

Der Herr Pfarrer von Malsfeld schickt mich nicht; er weiß nicht einmal, daß ich hier bin und ich möchte auch nicht, daß er es jemals erfährt. Aber er hat mir gestern Abend im Vertrauen erzählt, welches harte Unrecht ihm von Seiten des Hochlöblichen Konsistoriums widerfahren ist. Das hat mich nicht ruhen lassen; ich bin die ganze Nacht hindurch gegangen, um den schwarzen Verdacht keine Minute länger als nöthig auf dem Charakter des edlen, selbstlosen Mannes ruhen zu lassen."

Der vor wenigen Minuten noch so verlegene, schlichte Mann war plötzlich warm und beredt geworden. Er war Menschenkenner genug, um zu bemerken, daß seine Worte' nicht ohne Eindruck geblieben waren, wenn der hochwürdige Herr auch noch immerhin in ganz gestrenger Weise fortfuhr:

Aber wie kommt denn ein ganz unbekannter Hebräer dazu, die Amtshandlungen des Konsistoriums zu bekritteln? Wenn der Pfarrer von Malsseld Ihn wirklich nicht geschickt hat, wer hat Ihm dann da überhaupt ein Recht gegeben, sich in unsere Sachen zu mischen? Wie kann Er sich überhaupt unter-