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„Als Vorsitzender des Landrabbinats„" erwiederte die Stimme des Herrn Dr. Pinhas, „haben Sie eine sehr maßgebliche Meinung. Das schließt aber nicht aus, daß sie auch einmal irrig sein kann, und das ist sie in dem vorliegenden Falle ganz gewiß, was bei der kurzen Zeit Ihrer Amtsthätigkeit nur zu begreiflich ist. Sie kennen hier Land und Leute noch nicht genug und dürfen sich darüber wohl von einem Manne, der wie ich, darin alt und grau geworden ist, eines Besseren belehren lassen. Die Sache liegt gerade umgekehrt. Für unsere Kasse- laner brauchten wir keine neue Synagogenordnung, da liegt die Bildung und Aufklärung in der Luft und die Elite der Gemeinde hat mit dem alten Plunder schon längst gründlich aufgeräumt, ohne aus die landrabbinerliche Sanktion erst zu warten. Orgel, gemischter Chor, Streichung der alten Gebete und Einführung von Gebetstücken in deutscher Sprache, das ist hier nur eine Frage der Zeit. Es bedarf nur eines Vorstands- beschlufses und keines Hindernisses seitens des Landrabbinates; dann wollen wir hier schon unsere Schäfchen in's Trockene bringen. Ganz anders liegt aber die Sache bei den beschränkten, fanatischen Landjuden."
Der Herr Landrabbiner wollte hier seinen Partner unterbrechen, dieser ließ sich jedoch nicht irre machen.
„Lassen Sie mich nur zu Ende reden. Sie werden ja dann sofort das Wort haben und wir haben Zeit genug, die Tage sind ja jetzt sehr lang. — Was unsere Landjuden betrifft, so beurtheilen Sie diese ganz falsch. Die und Revolution? Da können Sie ruhig sein, verehrter Herr Landrabbiner, die sind nicht aus dem Holz geschnitzt, aus dem man Revolutionäre und Barikadenstürmer macht. Wenn heute unsere neue Synagogenordnung erst die landrabbinerliche und landesherrliche