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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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man sofort gewußt, daß die Agitation gegen das unerhörte Unterfangen von mir ausgeht. Man hätte mich sorgfältig überwacht und wäre jedem meiner Schritte sofort entgegen­getreten. Jetzt aber habe ich freie Hand. Kein Mitglied des Vorsteheramtes und Landrabbinats hält mich fähig, mein ge­gebenes Wort zu brechen. Was auch gegen die Herren. zu unternehmen sein wird, mich wird man nicht dahinter suchen, obwohl ich sie über meine wahre Herzensmeinung nicht im Zweifel gelassen habe. Die Frage aber ist, was soll man jetzt wirklich thun, um diesen Ränken mit Erfolg entgegen- zutretcn?"

Ich weiß es nicht," entgegnete Bensew.Aber wir wollen beide einmal darüber Nachdenken. In spätestens acht Tagen bin ich wieder hier. Für die Zwischenzeit erbitte ich mir von Euch Folgendes: Eine Mizwa zieht die andere nach sich, sagen unsere Weisen. Durch den Freundesdienst, den ich unserem Pfarrer erwiesen habe, bin ich in die Lage gekommen. Alles zu erfahren, was Euch zu sagen verboten ist. Erlaubt mir, daß ich unseren Pfarrer in's Vertrauen ziehe, er ist ein großer Freund unseres Volkes und dabei ein überaus er­fahrener, kluger Mann, vielleicht zeigt er uns einen Weg, der dazu führt, die Anschläge unserer Feinde zu Nichte zu machen."

Ihr bedürft meiner Erlaubniß nicht. Ihr sagt ja Eurem Pfarrer nichts, was Ihr von mir gehört habt, sondern was Ihr längst ohne mich gewußt habt. Thut also Alles, was Ihr für gut haltet. Gott möge Eure guten Absichten zum Wohle unserer Gesammkheit zur That reifen lassen."

Dann gehe ich sofort zurück; aber bevor ich gehe, bitte ich Euch, mich zu benschen." (Segnend die Hand auf's Haupt zu legen.)