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Eine ungekannte Welt : Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben / von Judäus
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auch noch einfließen laßt, daß wer keine rechte Religion hat, daß der auch kein rechter Bürger und Patriot sein kann, daß daher die Herren vom Landrabbinat und Vorsteheramt auch mach dieser Seite hin-"

Bei diesen Worten hatte Bensew ganz die Rücksicht ver­gessen, die es verbietet, einem so hohen Herrn in's Wort zu fallen und ihn nicht zu Ende reden zu lassen. Er unterbrach ihn ganz erregt mit abweisend erhobener Hand:

Das nicht, Eminenz. Ueber den Zusammenhang zwischen Religion und Patriotismus erlaube ich mir kein Ur- theil, aber das muß ich im Namen der Wahrheit betonen, nach dieser Seite hin haben sich meine abgefallenen Glaubensbriider nie etwas zu Schulden kommen lassen. Sie nehmen es hin­sichtlich der Bürgertugenden getrost mit allen Bewohnern des Landes auf, ich würde es mir für eine große Sünde anrechnen, einen solchen Verdacht auch nur zu erwecken, geschweige denn ihn zu fördern. Lieber würde ich auf Alles verzichten, als es um diesen Preis zu erlangen. Sie mögen es mir glauben, daß es mich viele Ueberwindung gekostet hat, einen Schritt bei dem Minister zu thun und zwar lediglich deshalb, weil ich für mnsere inneren jüdischen Anliegen nicht gern einen außer­jüdischen Richter und gar einen so hochstehenden anrufen möchte. Es stünde gewiß besser um unsere inneren religiösen Ange­legenheiten, wenn wir dieselben selber verwalten könnten und nicht auf christliche Behörden angewiesen wären, die beim besten Willen dadurch, daß sie falsch und einseitig unterrichtet sind, fehlen und irren müssen. Aber nicht ich habe die Syna- gogen-Ordnung dem Minister unterbreitet, sondern das Land­rabbinat und das Vorsteheramt hat es gethan. Daß dieser un-