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rahmen eingefaßten Spiegel hängen, in dem er plötzlich seinem eigenen Bilde begegnete. Wie stach er gegen die elegante Hof- etiquette und Toiletten ab, auf die er hier allenthalben stieß und die er nun so bequem durch den Spiegel mustern konnte, ohne die Herren in Uniform und Civil direkt auf's Korn zu uchmen. Sein unvermeidlicher stahlblauer Jomtofrock, um den ihm ganz Malsfeld neidisch nachblickte, hielt keinen Vergleich mit dem aus, was er hier Alles sah; das stand fest, daß er mit seinem Rock dem Minister nicht imponiren werde. Er trug das schlichte ungestillte Hemd von grobem Linnen, wie es die Leute vom Lande damals trugen; um den Hals ein schwarzes, halbseidenes Halstuch, das ähnlich wie die Halsbinden der Soldaten geschlungen und durch eine Schleife vorn festgebunden war. Zu seinem Schrecken merkte er, daß der Knoten sich gelöst und die Schleife sich verschoben hatte. Flugs öffnete er das Halstuch und suchte es vor dem Spiegel in möglichst gefällige Form zu bringen. Dabei ging ihm der Ausspruch der Weisen durch den Sinn, daß diese Welt nur ein Vor- und Wartezimmer für die folgende sei, daß man sich im Vorzimmer in die rechte Verfassung bringen müsse, um jeden Augenbill in den Empsangsfaal selber eintreten zu können. Da störte ihn aus seinen Betrachtungen der Schlag der goldenen Stutzuhr, die jetzt die zehnte Stunde verkündete. Die Schläge waren noch nicht verhallt, als sich die Portiere zum Arbeitszimmer des Ministers wie von selbst auseinander that und der in der geöffneten Thür erschienene Huisiier rief:
„Heinemann Bensew, Synagogen - Aeltester aus Malsfeld." .