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X.
Verwundert schauten sich die Cavaliere an, als der zuletzt eingetretene, unscheinbare Jude vom Lande zuerst zur Audienz befohlen wurde. Niemand aber war von dem Rufe mehr verwirrt und betroffen, als Bensew selber. Knoten und Schleife seines Halstuches waren noch immer nicht in Ordnung, ja, sie hatten widerspänstigere Formen als je angenommen, als just der Ruf erscholl, der ihn vor den Minister lud. Obwohl er nur ein paar Schritte bis zur geöffneten Thüre des Arbeitskabinettes hatte, blieb ihm doch Zeit und Muße genug, an alles Mögliche und Unmögliche zu denken, die Audienz ausgenommen, zu der er nunmehr zugelassen war.
Zunächst spann er den Gedanken weiter, der sich ihm schon beim Eintritt in das Vorzimmer aufgedrängt hatte, daß nämlich diese Welt einem solchen Vorzimmer gleiche und daß der Eintritt in den Empfangssaal dem durch den Tod vermittelten Uebergang in die Ewigkeit entspreche. Der unerwartete plötzliche Ruf, der ihn vor den Minister so rasch beschick, daß er nicht einmal sein Halstuch mehr vorher in Ordnung bringen konnte, erinnerte ihn an das Wort des Königs Salomo: „Kein Mensch beherrscht den Geist, den Geist zurückzuhalten" und auf die Erklärung, welche die Weisen des Midrasch zur Stelle geben, wonach sich die Worte auf die Todesstunde beziehen, in welcher sich der Geist vom Körper trennt, und dem Menschen kein Augenblick länger zu säumen vergönnt ist, bis er sein Haus bestellt und seine Rechnung mit dem Leben beglichen hat.