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'augenblicklichen Lage paßte und schätzte sich glücklich, daß sie die Sucht, auf so waghalsige Weise reich zu werden, sofort bei ihrem Manne im Keime erstickt habe. Aber Korach war noch nicht versunken, als auch Gitel bereits in Schlaf versunken war.
Jetzt waren alle Meinungsverschiedenheiten gelichtet und alle Sorgen hatten ihr Ende erreicht. — Zehn starke Dinge, sagt ein jüdischer Weiser des Talmud, giebt es in der Welt, aber der Schlaf ist der stärkste von allen. Stark ist der Berg, aber das Eisen ist stärker, es durchbohrt ihn. Stark ist das Eisen, aber das Feuer schmiedet es. Stark ist das Feuer, aber das Wasser löscht es. Stark ist das Wasser, aber die Wolken tragen es. Stark sind die Wolken, aber der Wind zerstreut sie. Stark ist der Wind, aber der menschliche Körper trotzt ihin. Stark ist der Körper, aber die Furcht bricht ihn. Stark ist die Furcht, aber der Wein verscheucht sie. Stark ist der Wein, und der Schlaf bewältigt ihn.
Wenn das vom gewöhnlichen Schlaf gilt, so gilt es noch mehr vom Schabbos-Nachmittag-Schlaf, dem die Helden unserer Erzählung nun ihren Tribut zollen.
II.
In einer der lebhaftesten Straßen der Leopoldstadt zu Wien fallen uns unter den vielen Passanten dieses von Juden besonders stark frequentirten Stadttheils zwei Personen auf, die beide fein gekleidet, die Häuser musternd, hin- und hergingen. Daß es keine Fensterpromenaden waren, die etwa einem geliebten Gegenstand galten, das lehrte ein Blick aus die beiden Suchenden. Trotz des kostbaren Pelzes, des neuen Cylinders in modernster Fa^;on und der feierlichen, über das